Der Lassingfall
(~1825)


Friedrich Gauermann (*1807, †1862)

Landessammlungen Niederösterreich

Der Lassingfall bei Mariazell zählte seit den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts zu den beliebtesten Ausflugszielen der reiselustigen Wiener Gesellschaft. Seine Entdeckung ist auf den Industriellen August Rosthom (1789-1844), den späteren Schwiegervater Friedrich Gauermanns, zurückzuführen, der die Gegend auf einer botanischen Studien gewidmeten Wanderung im Jahre 1813 durchstreifte. Der Abt von Lilienfeld, Johann Ladislaus Pyrker (1812-1819) hatte in der Folgezeit wesentlichen Anteil an der Erschließung des Lassingfalls. Mit technischen Hilfsmitteln wie hölzernen Treppen, Geländern und befestigten Wegen musste die Steilheit des Geländes überwunden werden. Anfangs noch ein Geheimtipp, setzte ab 1821 der große Ansturm auf die neue Sehenswürdigkeit ein.
Gauermanns Ansicht des Lassingfalls entstand mit großer Wahrscheinlichkeit noch vor 1825, vielleicht in seinem ersten Studienjahr an der Wiener Akademie. Die Art der Ausführung des Gemäldes lässt eine Anfertigung vor der Natur nicht glaubhaft erscheinen. Vermutlich dienten eigene Zeichnungen oder aber druckgrafische Darstellungen des Wasserfalles als Vorlagen. Gauermann führte die einzelnen Bilddetails, wie etwa die Bäume, ganz penibel und regelmäßig aus, was der ganzen Arbeit einen sehr "akademischen" Gesamteindruck verleiht. Schwierigkeiten hatte er offensichtlich noch bei der Darstellung des Wassers. Die kleinen von ihm geschilderten "Wasserwölkchen" lassen deutlich das studierte Vorbild erkennen, nämlich die Wasserfall-Darstellungen Joseph Anton Kochs (1768-1839). Maltechnisch und im Hinblick auf das Kolorit zeigt dieses Gemälde auch starke Parallelen zu der "Idealen Landschaft mit Jäger und Hund" seines Bruders Carl, mit der dieser im Jänner 1824 den Kaiserpreis erringen konnte.
(Quelle: W. Krug, Friedrich Gauermann 1807-1862, 2001, S. 68)