Pulkau - Filialkirche Hl. Blut
(14. Jhd. bis 15. Jhd.)


Der Anlass zum Bau der Heiligenblutkirche, beruht auf einer Erinnerung an eine Hostienschändung, die den Juden 1338 zur Last gelegt wurde und die Stiftung einer "capella" (1339) nach sich zog. Erst fast sechs Jahrzehnte später wurde diese Kapelle durch den anspruchsvollen Bau eines Gotteshauses solitären Gepräges ersetzt. Wie aus einer 1396 datierten Bulle des Papstes Bonifax IX. an den Domdechanten von Passau hervorgeht, hatte Graf Johann II. von Hardegg um die Erlaubnis gebeten die unvollendete Kapelle auf seinem eigenen Grundstück im Markt Pulkau fertigzustellen; im Jahr darauf erfolgte die päpstliche Baugenehmigung. Reichlich fließende Stiftungen sowie Dotierung zweier Kapläne lassen einen raschen Baufortgang vermuten, und mit der Erwähnung eines Altars im Jahre 1407 kann zumindest mit der Fertigstellung des Chors gerechnet werden.
Die Heiligenblutkirche erhebt sich auf T-förmigem Grundriß. Einem aus drei queroblongen, kreuzrippengewölbten Jochen bestehenden und mit Fünfachtelschluss versehenen Chor, welcher der Langchortradition der Bettelordensarchitektur verpflichtet ist, folgt im Westen ein gleich hohes Querhaus mit drei quaratischen Jochen. Besonders beachteswert ist das Wandvorlagensystem, das in Österreichs Sakralarchitektur um 1400 als singuläre Erscheinungsform zu werten ist. Die birnstabprofilierten Kreuz-, Gurt- und Schildrippen, des Chors münden in breite Wandvorlagen, die im Polygon bis zum Boden herabführen und an den Längswänden bis zu einem durchlaufenden Kaffgesims reichen.
Eine kleine Gruppe wandernder Bauleute muss am Werk gewesen sein, die sich dem Einfluß lokaler Bauhütten entziehen konnte. Jedenfalls war diesen vermutlich aus dem böhmisch-mährischen Raum stammenden Steinmetzen die Vorliebe für kantige Formen eigen, die sich in der österreichischen Baukunst erst mit einigen Jahrzehnten Verspätung durchzusetzen vermochte. Das die Heiligenblutkirche von Anfang an als Wallfahrtskirche geplant war, beweist, das dem Prozessionsweg der Pilger dienliche Doppelwestportal. Das Äußere der mit Bruchsteinmaterial errichteten Kirche beeindruckt vor allem mit seiner Südansicht. Die Westseite präsentiert sich als mächtige Schaufassade, die durch Strebepfeiler in drei Achsen gegliedert ist und über ein Spitzbogenportal verfügt; hinzu kommen Rundfenster, die mit variationsreichem Maßwerk (Fischblasen, Sternmotiv) gefüllt sind.
(Quelle: Geschichte der bildenden Kunst in Österreich II: Gotik, hg. v. G. Brucher, 2000, S. 291ff.)