Albrecht C. J. Fürthner:
"Geras, eine Stadt im Spannungsfeld von erdgebundener Bevölkerung und einer starken, prominenten Anwesenheit geistlicher Tradition, ist ein herbes Beispiel für die Koexistenz von Widersprüchen. Gelebte Koexistenz, die sich im Laufe der Zeit zu einer gewissen Harmonie zurechtgerückt hat.
Diese Grundstimmung schwingt in dem für die Skulptur vorgesehenen Standort mit: im Rücken die massive, hohe, alles verschließende Stiftsmauer, vor sich offen und weit der Hauptplatz mit dem alten Brunnen und einer mächtigen 'Kaisereiche'. Durchkreuzt von Straßen und Wegen.
Die Eindrücke dieses sehr zurückgenommenen Ganzen engen den Spielraum für die skulpturale Thematik ein, was in diesem Falle jedoch positiv zu bewerten ist. Einer gewissen Logik folgend, setzt man der umfassenden geistlichen Präsenz ein 'Denkmal' des 'Mensch-Seins' entgegen. Präziser: die irdische Antipode zur Göttlichen Einheit, die Zweipoligkeit unseres Lebens.
So ist ALPHA & OMEGA ein Versuch, diese Ur-Problematik menschlicher Existenz plastisch in Materie umzusetzen. Die tiefe Symbolik von Stein und Stahl ist in 44 x 44 im Grundmaß gefügt. Vier und vier ergibt die gnostische Zahl 8, die Zahl der Unendlichkeit. Die Höhe der Stelen endet bei 312. Drei, eins und zwei sind die Zahlen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, drei und zwölf sind aber auch für sich heilige Zahlen. An einem kleinen Granitquader unmittelbar neben den Stelen sieht man in Textform die wesentlichen Gegensätze des Themas umrissen, wie Kosmos (Ordnung) und Chaos. Zeit und Ewigkeit (Nicht-Zeit, Allgegenwart)."
(Quelle: Veröffentlichte Kunst - Kunst im öffentlichen Raum 4, Katalog des NÖ Landesmuseums, Neue Folge Nr. 418, 1998)