Annaberg – Pfarr- und Wallfahrtskirche
(1217 bis 1753)


Weithin sichtbar liegt der Gebäudekomplex auf der Passhöhe. Das äußere Erscheinungsbild bestimmen die steilen Schindeldächer und die hellen Putzfassaden. Die Kirche war eine der ersten – vermutlich sogar die erste im deutschen Sprachraum – zu Ehren der heiligen Anna, der Mutter Mariens. Wahrscheinlich war die erste Kapelle Teil der Burg der Herren von Tannenberg, die zumindest seit 1180 hier bestand. 1217 wurde ein Meierhof (Grangie) und die erste Kapelle von Mönchen des Stiftes Lilienfeld errichtet. Ihre Mauerreste stecken in den Mauern der Sakristei. Der heutige Chor mit der Apsis wurde ab 1327 errichtet und am 7. September 1332 geweiht. Über der älteren Bausubstanz entstand 1440-1444 das Langhaus – ein hoch proportionierter, 4-jochiger Saalraum mit Kreuzrippengewölbe. 1504 wurde die Kirche in den Rang einer Pfarre erhoben. Zuvor unterstand sie der Pfarre Türnitz.

Seit 1629 ereigneten sich hier am Annaberg Wunder. Ihr Chronist war vor allem P. Amadeus Carl, der 1730 in das Stift Lilienfeld eingetreten war und als Pfarrer in Annaberg fungierte. Die geschlossene frühbarocke Ausstattung in Schwarz und Gold entstand zwischen 1686 und 1710. Der Kirchenbau wurde 1707 durch den Anbau einer den hll. Drei Königen geweihten Kapelle im Süden erweitert. Nach Plänen von Johann Pauli gestaltete man 1753 die Westfassade neu: Der hohe hölzerne Turm, der hölzerne Stierer, wurde mit welscher Haube und Turmkreuz errichtet. Den Ost-Turm ersetzte nun ein kleinerer Dachreiter über dem Chor. 1879 wurde der kostbare Bestand von Glasfenstern aus der Bauzeit des Chores in das Stift Lilienfeld transferiert und im Kreuzgang eingesetzt. Nur einige wenige ornamentale Fenster blieben zurück Die heutigen neugotischen Scheiben entstanden 1906. Von den alten Glocken ist nur mehr die Marien-Glocke von 1757 erhalten. Sie wurde zwar während des Zweiten Weltkriegs abtransportiert, entging aber dem Einschmelzen. Durch Zufall fand man sie in Hamburg wieder. Das Zügenglöcklein mit dem Bild der hl. Barbara stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Anna-Glocke und die Josefi-Glocke goss 1955 die Glockengießerei Pfundner in Wien.

Im Gewölbe und unter der West-Empore konnten 1954 Reste der in der Bauzeit entstandenen Rankenmalerei freigelegt werden. Der frühbarocke Hochaltar von 1686 ist reich mit Statuen und vergoldeten Ornamenten geschmückt. Er ersetzte den alten Hochaltar, der kurz zuvor durch einen Brand vernichtet worden war. Nur das Kultbild hatte die Flammen überlebt: eine hl. Anna Selbdritt, entstanden um 1440 und Jakob Kaschauer zugeschrieben. Die Seitenaltäre an der Triumphbogenwand sind Werke aus der Zeit um 1700. Die in Verona entstandenen Altarbilder zeigen das „Letzte Abendmahl“ und den „Triumph der Kirche in ihren Märtyrern“. An den Langhauswänden befinden sich vier monumentale Leinwandbilder mit Darstellungen aus dem Leben der Kirchenpatronin, um 1700 entstanden. In der Süd-Kapelle hängt das älteste erhaltene Votivbild: Das Geschehen ereignete sich am 12. Juli 1633. Die Wiener Bürgerin Maria Rottenstötterin besuchte auf ihrem Heimweg aus Mariazell auch den Annaberg. Und hier widerfuhr ihr die langersehnte Heilung: Die stumme Frau konnten endlich wieder sprechen.

Die sog. Schatzkammer befindet sich im Norden der Sakristei, bereits im Bereich des Pfarrhofes. Der Raum zeigt eine einheitliche barocke Ausstattung mit beidseitig angeordneten Schrankeinbauten für liturgische Geräte, Gewänder und Votivgaben. Die Decke ziert eine Rokokomalerei mit Rocaillen und Blumen.

Benutzte Literatur:

Röm.-kath. Pfarramt (Hg.), Die 3 Heiligen-Berge an der Via Sacra: Annaberg, Joachimsberg, Josefsberg, Mitterbach; ein 4-Kirchen-Führer; mit Anhang: Das Wirken des Stiftes Lilienfeld in der Ötscherregion, Annaberg 2015.

Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler Österreichs, Niederösterreich südlich der Donau, Teil 1: A bis L, Horn-Wien 2003, S. 54-59.