Boote im Hafen von Triest
(1908)


Egon Schiele (*1890, †1918)

Landessammlungen Niederösterreich

Egon Schieles "Boote im Hafen von Triest" aus dem Jahr 1908 kamen aus dem Besitz des Klosterneuburger Malers Ludwig Karl Strauch in das Niederösterreichische Landesmuseum. Der 1875 in Wien geborene Strauch kam 1905 als Lehrer für Freihandzeichnen an das Klosterneuburger Realgymnasium, wo er auch Egon Schiele in dessen letztem Schuljahr 1905/1906 unterrichtete. Strauch, der seinen begabten Schüler zum Malen in der Natur mitnahm, gilt als der eigentliche Entdecker Schieles. Ab 1906 besuchte Schiele die Wiener Akademie der bildenden Künste. Sein Lehrer war hier der Historienmaler Christian Griepenkerl. In seine Studienzeit fallen 1907 und 1908 kurze Aufenthalte in Triest, wo eine Reihe von Bildern, die den Hafen mit Segelschiffen und Booten zeigen, entstand.
Die bekannteste Ausführung dieses Motivs befindet sich in der Sammlung der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz und datiert von Schieles erstem Triest-Besuch 1907. Gleichzeitig ist dieses Gemälde als ein erstes reifes Ergebnis Schieles im Bereich der Ölmalerei anzusehen. Die Farbe legte er über der Bleistiftvorzeichnung zum Teil sehr großzügig und großflächig an. Mit dem Bleistift wurden graphische Akzente, etwa Konturlinien nachträglich in die frische Ölfarbe gesetzt. Auf gleiche Weise stellte Schiele auch die durch die Dünung verzerrten unregelmäßigen Spiegelungen der Boote dar und erreichte so eine fast ornamental wirkende Rhythmisierung der Wasseroberfläche.
Der Einfluss der Wiener Secession wird auch in dieser Ausführung von 1908 deutlich. Das Gemälde ist nur wenig größer als das Vergleichsbild im Joanneum, zeigt jedoch einen kleineren Ausschnitt, wodurch die Bedeutung der Spiegelung im Wasser zugunsten der Darstellung der Boote zurückgenommen erscheint.
(Quelle: W. Krug, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 160)