Anlässlich einer Einladung zum Lindabrunner Symposion im Jahre 2001 setzte sich Leo Schatzl mit dem ursprünglich im Zentrum des Symposions stehenden Material "Stein" auseinander. Seine Arbeit reflektierte die Metamorphose, die stattfindet, wenn ein festgefügtes Material wie Stein in unterschiedlichen Medienräumen bearbeitet wird, bis es sich in eine immaterielle Simulation verwandelt.
Im Werkprozess experimentierte der Künstler mit dem Anaglyphenverfahren. Der Begriff Anaglyphe kommt aus dem Griechischen und bedeutet in etwa "wie herausgemeißelt". Diese Technik zur stereoskopischen räumlichen Betrachtung funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Zwei aus seitlich etwas verschobenen Perspektiven aufgenommene Bilder werden in Komplementärfarben übereinander gedruckt und geben einen räumlichen Gegenstand wieder. Bei der Betrachtung dieser Bilder durch eine Farbfilterbrille, deren Gläser in den gleichen Komplementärfarben gefärbt sind, erscheint der abgebildete Gegenstand räumlich.
Erste Resultate seiner Beschäftigung mit der Herstellung von Anaglyphen waren vorgefundene Modelle aus dem Internet, die zur Serie "From the Virtual Junkyard" (1999) führten. Im Anaglyphenausdruck wurden die Modelle dann vom virtuellen Kontext auf eine zweidimensionale Oberfläche übertragen. In der unbeirrt forcierten Abstraktion sollte das Spektakuläre des 3-D-Effektes immer mehr in den Hintergrund treten. Befreit von Brillen- und Illusionszwang sperrt sich das Bild gegen festgelegte Dimensionen.
(Ramón Reichert)
Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 7 (2004)