Grafenegg - Installation im Schlosspark Grafenegg
(2007)


Mark Dion (*1961)

Im frühklassizistisch-romantischen Schlosspark von Grafenegg steht die inszenierte Landschaft, die inszenierte Natur, im Mittelpunkt. Für den international renommierten amerikanischen Konzeptkünstler Mark Dion ist Natur eine kulturelle Konstruktion, die Projektionsfläche menschlicher Vorstellungen. Sein "Buchsdom Tower" demonstriert die Gleichrangigkeit von Natur und Kultur, von Naturexponat und Kunstwerk. Dion setzt dafür die hochartifizielle Sprache der "garden follies" ein, die mit Architekturen wie antikisierenden Tempeln, künstlichen Ruinen, Grotten, Einsiedeleien und orientalisierenden Gebäuden dem Szenario des romantischen Landschaftsgartens ihre eigentliche Bedeutung gaben. In die Mitte eines eindrucksvollen historischen Buchsbaums baute Mark Dion eine Turmruine, die über den Baum hinausragt und als Point de Vue funktioniert. Das Faible der Romantik für Ruinen verbindet sich mit Dions geradezu wissenschaftlichem Interesse an natürlichen Vorgängen und seiner Begeisterung für die Ordnungssysteme des Museums. In der Mitte der Buchsbaumhecke befindet sich ein Diorama, das, von natürlichem Licht beleuchtet, durch eine dicke Glasscheibe im Turm zu betrachten ist. Es zeigt die ökologischen Prozesse des natürlichen Verfalls und Verrottens als groteskes kunstvolles Schaubild. Dion arrangiert ein verwesendes Reh auf dem Waldboden, umgibt es mit Blättern, Pilzen und Insekten, mit einer Krähe, Mäusen und Würmern. Eine grausame Vanitas-Darstellung, großartig und makaber, aber gleichzeitig ein geistreiches, hoffnungsvolles Statement zum Kreislauf der Natur.

(Brigitte Huck)

Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 9 (2009)