Der slowakische Künstler Roman Ondák stellt mit den Methoden der Spurensucher Bezüge zum kulturellen Leben der Gegenwart her. Für die Arbeit im Stift Melk im Mozartjahr 2006 beschäftigte er sich mit dem Faktor Zeit, mit Reisen und mit Erinnerung. Ein Besuch Mozarts im Kloster war das vom Kloster angeregte Thema. Ondák nahm dies zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen und beschloss, den Reisen Mozarts in die europäischen Städte London, Paris, Wien, Baden, Salzburg, Venedig, Rovereto, Ala, Bratislava, Frankfurt und Mannheim zu folgen. In jeder dieser Städte besuchte er die Mozart-Gedenkstätten und fotografierte die an den Fassaden montierten Erinnerungstafeln.
Er verhielt sich also, wie sich Touristen verhalten, die geradezu obsessiv möglichst viele "kulturelle Schätze" einsammeln, indem sie sie besuchen, fotografieren und die Bilder mit nach Hause nehmen. Im Sommer 2006 war in der Melker Bastei eine Sammlung von Mozart-Gedenktafeln zu sehen. Flach- und Hochreliefs, "displaced objects", Bauplastik, die ihre enge Verbindung zur Architektur aufgegeben hat. Erinnerungen, die den Souvenirsammlern zum Opfer gefallen sind? Die Herkunft der schweren Metall- und Bronze-Tafeln erschien den zahlreichen Touristen rätselhaft und mysteriös. Wer hatte sie nach Melk gebracht? Roman Ondák selbst schweigt dazu. Seine mit ironischem Hintersinn arrangierten Kunstwerke sind Scharniere zwischen dem realen Ort und der immateriellen künstlerischen Geste. Das feine Spiel mit Bedeutungen ist gleichzeitig ein "poetischer Akt", eine Geschichte, die unsere Fantasie herausfordert. Das Werk ist heute im NÖ Landesmuseum inventarisiert und soll nach Möglichkeit in Melk permanent installiert werden.
(Brigitte Huck)
Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 9 (2009)