Zwettl - Zisterzienserstift, Kapitelsaal
(1182)


Während das Langhaus der romanischen Kirche bis auf Mauerreste des südlichen Seitenschiffs im Jahre 1722 abgebrochen wurde, sind vom ursprünglichen Klosterkomplex noch mehrere Raumeinheiten rings um den nach 1204 neu angelegten Kreuzgang erhalten.
Der bedeutendste Raum der romanischen Klosteranlage ist der Kapitelsaal. Der quadratische Raum war unmittelbar an das Querschiff der Kirche angebaut. Die Eingangsfront an der Westseite blieb in ihrer ursprünglichen Form erhalten und wurde beim Bau des vorgelagerten Kreuzgang-Ostflügels in dessen Gestaltung einbezogen. Den Eingang in das Kapitelhaus bildet ein abgestuftes Rundbogenportal, das links und rechts von Fensteröffnungen in Form von breiten Biforien flankiert wird. Der Innenraum des Kapitelsaales wird durch die mächtige Mittelsäule bestimmt, die das vierjochige Kreuzrippengewölbe trägt. Von der zentralen Säule spannen sich breite halbkreisförmig geführte Bandrippen zu den Mitten der Raumwände, wo sie an der Nord- und Südseite von Lisenen, im Osten und Westen von Konsolen aufgenommen werden. Auch die Diagonalrippen der Gewölbejoche sind als Gurtbänder gestaltet, sie besitzen einen etwas schlankeren Querschnitt als die Scheidbogen. Die Wände des Kapitelsaales waren schon ursprünglich aus steinsichtig belassenem Quadermauerwerk, dessen Struktur durch aufgeputzte und in Grau und Rot aufgemalte Fugenstriche noch betont wurde.
Die Raumgestaltung des Kapitelsaales in Zwettl ist nicht nur durch die unikale Form der Säulenbekrönung höchst bemerkenswert: Die Grundrisslösung des Zentralraumes mit Mittelstütze ist in der Zisterzienserbaukunst selten und sonst nur aus späteren Beispielen bekannt.
(Quelle: Geschichte der bildenden Kunst in Österreich I: Früh- und Hochmittelalter, hg. v. H. Fillitz, S. 258f.)