Kellergasse in Ulrichskirchen
(1898)


Ferdinand Brunner (*1870, †1945)

Landessammlungen Niederösterreich

Um die Mitte der neunziger Jahre, also noch während seines Studiums der Landschaftsmalerei bei Eduard Peithner von Lichtenfels an der Wiener Akademie, hatte Brunner die Landschaft des Wald- und Weinviertels bereits für sich entdeckt. Als einem der begabtesten und von seinem Lehrer Lichtenfels sehr geförderten Schüler wurden Brunner sämtliche Preise, die die Akademie zu vergeben hatte, verliehen. 1896 erhielt er zum Abschluss seines Studiums noch das Rom-Reisestipendium für 1897 und 1898. Aus Italien zurückgekehrt, zog es ihn wieder ins Weinviertel.
In diesem Jahr entstand als reifes Frühwerk die Ansicht der Kellergasse in Ulrichskirchen. Deutlich zeigt sie die zu dieser Zeit noch intensive Auseinandersetzung des jungen Künstlers mit dem Kreis um Emil Jakob Schindler, aber auch mit der Pleinairmalerei französischer Prägung, wie sie in Österreich von Künstlern wie Eugen Jettel oder Rudolf Ribarz vertreten wurde. Wenige Jahre später fand Brunner, weitestgehend unbeeinflusst von spätim-pressionistischen oder secessionistischen Tendenzen, zu seiner charakteristischen, eigenständigen Ausdrucksform, die er bis zu seinem Tod 1945 konsequent weiterverfolgen sollte. Diese Ausdrucksform, als Versuch einer poetischen Einfühlung in die Landschaft, lebt von der Vereinfachung und Reduzierung auf das Wesentliche bei starker koloristischer Wirkung.
(Quelle: W. Krug, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 88)