Die vielfachen Berührungspunkte zwischen Blume und Kunst lassen sich vorwiegend über das zweidimensionale Tafelbild abhandeln. Das Paradebeispiel ist das niederländische Stillleben des 17. Jahrhunderts, das zwar zur Arte minore zählt, wo aber dennoch prinzipielle Fragen der Malerei diskutiert werden. Was die Skulptur betrifft, entwickelt sich im 19. Jahrhundert ein wissenschaftlich motiviertes Interesse, das die Blume als Modell untersucht und in dreidimensionalen Figuren aus Papiermaschee darstellt. Die Firma Brendel aus Breslau war hierfür berühmt. Mit Scharnieren und aufklappbaren Elementen ausgestattet, konnte man nun einzelne Blumen als funktionale Objekte bewundern. In ihrem dekonstruktivistischen Ansatz scheinen diese Modelle die Vorläufer jener monumentalen Blumen der Postmoderne zu sein, die das Werk von Thomas Stimm seit den 1980er-Jahren bestimmen. Für den kleinen Platz an der Straße in Hütteldorf hat Stimm eine stilisierte Margerite ins große Format übertragen. Wie ein altes persisches Sprichwort sagt, hat die Blume kein Vorne und Hinten, eignet sich also ideal für einen Platz, an dem sie Zentrum und von allen Seiten einsehbar ist. Glänzende Oberflächen und eine stark abstrahierende Formgebung unterstreichen, dass es sich um ein Zeichen handelt, in dem alles Natürliche in einer Künstlichkeit aufgegangen ist.
(Susanne Neuburger)
Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 10 (2011)