Seit etwa fünf Jahren hält das niederösterreichisch-kosmopolitische Kollektiv gelatin das Kunstpublikum mit Projekten in Atem, die die Welt noch nicht gesehen hat. Was Wolfgang Ganter, Ali Janka, Florian Reither und Tobias Urban erfinden, hat mit Abenteuer zu tun und mit unserer Sehnsucht danach. Ihre geistreichen Arrangements sind letztendlich romantisch-anarchische Lebensmodelle, die zum Mitmachen einladen, zum Wohlfühlen, zum Lachen und zum Fürchten.
Der Schlürfbrunnen in Staatz ist eine lustbetonte und intelligente Dienstleistungsskulptur. Zwei ausrangierte Gelenkbuskabinen funktionieren als Wartehäuschen einer Autobushaltestelle. Sie liegt an einer runden, trichterförmigen Vertiefung im Boden. In gewissen Abständen wird Wasser zugeleitet und wieder abgepumpt. Dabei entsteht ein Wasserstrudel, der ein schlürfendes Geräusch produziert. Das Wasser wird in einen Zylinder in der Buskabine gepumpt und soll die Wartezeit mit schaumbadähnlichem Blubbern verkürzen. gelatin walzen die Ästhetik der Dorfbrunnen mit vaudevilleartigem Kalkül nieder. Zivilisatorische Versatzstücke haben ihren Auftritt als spielerische Grotesken, getragen von der Synchronizität des Realen und Absurden, von satirischer Kraft und Mut zum Außergewöhnlichen.
(Brigitte Huck)
Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 6 (2002)