Selbstbildnis mit Stock
(1935)


Oskar Kokoschka (*1886, †1980)

Landessammlungen Niederösterreich

Erschüttert von den bürgerkriegsähnlichen Zustände in Wien, ging Oskar Kokoschka 1934 nach Prag, wo er bis zu seiner Emigration nach England im Jahr 1938 blieb. Als Hauptwerke seines malerischen Schaffens dieser Zeit entstanden in Prag neben 16 großen Stadtlandschaften das Porträt des tschechischen Staatspräsidenten Thomas Garrigue Masaryk und jenes von Olda Palkovska, seiner späteren Frau. 
1935 malte Kokoschka das "Selbstbildnis mit Stock". Die Rechte auf einen Stock gestützt, mit brauner Jacke und Hut bekleidet, stellte er sich als rastender Wanderer in idyllischer Landschaft dar. Sein Blick ist sinnend in die Ferne gerichtet, die linke Hand nachdenklich an das Kinn geführt. Dieses Gemälde ist sicher eines der stillsten und gleichzeitig eines der beseeltesten Selbstporträts Oskar Kokoschkas. Es spricht durch helle, freundliche Farben und ist doch als Ausdruck seiner psychischen Verfassung zu verstehen, die in dieser Zeit geprägt war durch Trauer über den Verlust der Mutter, Erschütterung über die politische Entwicklung in Europa, Zweifel und Orientierungslosigkeit. 
Im Juni 1935 hatte die tschechische Regierung ein Ausländergesetz erlassen, das allen Emigranten politische Betätigung strengstens untersagte. Durch Intervention Masaryks erhielt Kokoschka noch im selben Jahr die tschechische Staatsbürgerschaft verliehen. So war es ihm möglich, zu den Ereignissen in Österreich und Nazideutschland Stellung zu nehmen. Die erste große Personalausstellung in Österreich 1937 boykottierte Oskar Kokoschka durch sein Fernbleiben. Im selben Jahr wurde er in München im Haus der Kunst zum "entarteten" Künstler abgestempelt. Kokoschka reagierte darauf mit seinem "Selbstbildnis als entarteter Künstler". 
(Quelle: W. Krug, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 194)