Selbstporträt mit großem Akt
(1934)


Herbert Boeckl (*1894, †1966)

Landessammlungen Niederösterreich

Unter den Selbstbildnissen von Herbert Boeckl nimmt "Selbstporträt mit großem Akt" in mehrfacher Hinsicht eine signifikante Stellung ein. Für Boeckl ist es der Beginn der Abwendung von einem expressionistischen Grundverständnis hin zu einem "Verinnerlichen" und zum Konservativen.
Der klassische kunsthistorische Topos "Der Maler und sein Modell" wird in unprätentiöser Weise aufgegriffen. Die klare und ruhige Komposition des Bilds - das Modell raumeinnehmend im Vordergrund, der Künstler in einer fast spirituellen Körpersprache vom Modell wegblickend und der Szenerie entrückt - wird nur ansatzweise durch die flächige Farbführung unterbrochen. Blau-gelb-rote Farbnuancierungen sowie Weiß überwiegen und geben dem Bild einen ansatzweise freskenhaft wirkenden Gesamteindruck.
Im Vergleich zu wenige Jahre später entstandenen Arbeiten, bei denen die expressionistisch-deftige, in eine Farbabstraktion weisende Pinselstrichführung wieder präsent ist, wirkt das Selbstporträt mit großem Akt außerordentlich "realistisch". Die naturalistische Betonung des Körpers des Modells und vor allem die durch das weiße Hemd bewirkte Dematerialisierung des Körpers des Künstlers lassen auch auf das Spannungsfeld zwischen Geistigem bzw. Religiösem und Profanem im Werk des Künstlers schließen. 
(Quelle: C. Aigner, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 172)