Seit den Achtzigerjahren beschäftigt sich Manfred Wakolbinger kontinuierlich mit plastischen Formen, die Körper und Raum thematisieren und transformieren. Auf den ersten Blick scheint die beeindruckend hohe Plastik vor dem ORF-Landesstudio wie aus einem futuristischen Film und wirkt wie eine biomorphe Technofigur. Auffallend ist der dynamische Charakter, bedingt durch drei beinartige Gebilde, die den Körper tragen, sowie durch die geschwungenen Körperformen generell.
Die hautfarben bemalte Plastik, die zur Werkserie der "Travellers" gehört, greift den philosophisch-spirituellen Begriff des Leibes auf, wie er etwa bei Friedrich Nitzsche, Maurice Merleau-Ponty oder Gottfried Böhm diskutiert wird. Der Leib wird dabei nicht als materielle Existenz wie der Körper begriffen, also als äußere Hülle, sondern als dessen innere, sich ständig verändernde "Substanz", die das eigentliche Mittel der Kommunikation der Welt ist. Die Plastik wird damit zur äußeren Form eines inneren Abdrucks des sich ständig wandelnden Leibes. "Receiver" (der Titel ist auch eine Hommage an das Landesstudio als "Empfänger") reflektiert in faszinierender Weise das Thema der menschlichen Figur jenseits klassischer Begriffe wie Harmonie und Entität sowie die Frage nach Gegenständlichkeit und Abstraktion. Im Spannungsfeld gegenwärtiger Bio- und Gentechnologie gewinnt der scheinbar antiquierte Begriff des Leibes eine neue Aktualität und künstlerische Brisanz.
(Carl Aigner)
Aus: Öffentliche Kunst, Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich 9 (2009)