"Stein und Stein" ist eine Herausforderung zur Meditation. Der von einem Drahtseil im Schwebezustand gehaltene Stein wirkt eingeschnürt, gleichzeitig scheinen die Einschnürungen die Vorraussetzung für neuerliches Wachstum zu sein. Dieser Gegensatz bewirkt die Herausforderung für die meditative Betrachtung. Als weiterer Gegensatz erscheint das durch das Seil bewirkte grafische Element, das - gleich einer Zeichnung auf einem dreidimensionalen Gegenstand - einen zusätzlichen Kontrast zwischen dem vegetativ anmutenden Körper des Steins und dem technoiden Gerüst, das die Knospe, Blüte oder den Knoten aus von Natur geschaffenem Material in Schwebe hält, entstehen lässt.
Zum menschlichen Leben gehören die Gegensätze. Manche Wissenschaftler meinen, der Mensch denke prinzipiell binär. So gesehen ist "Stein und Stein" von Rudolf Moratti ein Denkmal für die menschliche Grunddisposition schlechthin. Die Tantriker meinten, dass aus der Form ununterbrochen Kraft zur Veränderung fließe, unabhängig davon, ob die Menschen die Bedeutung der Zeichen erkennen. Nahe bei der Schiffsanlegestelle, wo viele Menschen vorbei müssen, ist der richtige Ort für ein Symbol dieser Art.
(Quelle: H. A. Niederle, in: Veröffentlichte Kunst - Kunst im öffentlichen Raum 1, Katalog des NÖ Landesmuseums, Neue Folge Nr. 279, 1991)