Seitenstetten - Benediktiner-Stift, Zyklus des Verlorenen Sohnes
(1735)


Paul Troger (*1698, †1762)

Stiftsmuseum

Der vierteilige monumentale Zyklus des Gleichnisses vom Verlorenen Sohn beginnt mit dem "Abschied des jüngeren Sohnes vom Vater", der vor dem Haupteingang des vornehmen Gebäudes situiert ist, erkennbar am Obelisk und an der aufwendig in Stein instrumentierten Treppe, im Gegensatz zum Schlussbild, der Heimkehr, die Troger an den Nebeneingang mit schmiedeeisernen Treppenläufen verlegt. Die zweite Station zeigt den Verlorenen Sohn beim Tanz in einem Bordell mit einer flott gekleideten Dirne mit tief ausgeschnittenem Kleid; dazu spielt ein Cellist auf, links vom Rand ebenso überschnitten wie das Gepäckfahrzeug mit den Packern beim Abschied, der Knecht mit dem Mastkalb in der Heimkehr oder das Schwein in der folgenden Szene: "Der Verlorene Sohn unter den Schweinen" ist in eine abendliche Landschaft versetzt, in welcher der Protagonist in abgerissener, verschmutzter Kleidung und steif gestreckten Beinen neben einem Trog mit verzweifelt inneinander verschränkten Händen sitzt. Die Heimkehrszene ist ähnlich kontrapunktisch organisiert wie die drei anderen Szenen: Während dort jedoch jeweils Vater und Sohn, Sohn und Dirne, Schweine und Sohn dialogisch einander gegenübergestellt sind, und die Nebenpersonen gleichsam "Hinterfütterung" der Hauptszene bleiben, kommt in der "Heimkehr" dramatisch zugespitzt, als dritter Protagonist der eifersüchtige ältere Bruder rechts im Mittelgrund hinzu. Erzählduktus und Personenführung werden dichter und dramatischer, der fruchtbare Moment zwischen Reue und verzeihender Aufnahme durch den Vater und daher Eifersucht des Bruders, ist simultan erfasst.
Wo die seit 1819 in der Gemäldegalerie des Stiftes nachweisbaren vier monumentalen Bildern ursprünglich ihren Platz finden sollte, ist nicht überliefert.
(Quelle: Geschichte der bildenden Kunst in Österreich IV: Barock, hg. v. H. Lorenz, 1999, S. 437)