"Neu sehen und neu malen zu lernen", war letztlich der Grund für den Bruch Emil Streckers mit seinem Lehrer Lichtenfels an der Wiener Akademie, den er in äußerst schlechter Erinnerung hatte: "Ganz akademische Komposition, verachtete er einfache Motive; eingeschworen auf den braunen Galerieton der alten Meister, konnte er die grüne Farbe nicht vertragen, unduldsam sein Ausspruch: 'Ein schlechter Lehrer, den seine Schüler nicht imitieren', der wunderliche Versuch, aus der Hilflosigkeit des Schülers eine Tugend des Lehrers zu machen! Dabei immer wieder maltechnischen Versuchen nachgehend, die wir natürlich mitmachen mußten; jede Woche kam er mit einem neuen Malmittel zu uns herüber. Wir 'Jungen' aber standen schon ganz im Banne des eben aufkommenden Naturalismus mit seinem leidenschaftlichen Streben nach Wahrheit und Einfachheit. So war denn das endliche Kommen des Bruchs unvermeidlich und, wie schon vor uns eine Anzahl von hochbegabten Kollegen, zogen vier von uns 'Meisterschülern' hinaus nach dem heilbringenden Deutschland, nach München, Karlsruhe und Düsseldorf, wobei ich mich für das letztere entschied. Es war eigentlich nicht so wenig, worum es sich handelte: Neu sehen und neu malen zu lernen [...]".
(Quelle: W. Krug, Wachau, Bilder aus dem Land der Romantik, 2003, S. 190)