Kematen


Gemeinde Kematen an der Ybbs

Ortsgeschichte

Kematen liegt nördlich von Waidhofen an der Ybbs auf den Schotterterrassen des nordwestlichen Ybbsufers. Menschliche Spuren einer Besiedlung sind mit Werkzeugfunden seit der Jungsteinzeit nachweisbar. In der frühen Bronzezeit errichtete man einen burgartigen Ansitz beim Kalkofengraben; aus der Hallstattzeit ist ein kleiner Friedhof erhalten. Zur Römerzeit verlief hier die wichtige Nord-Südverbindung entlang der Ybbs. Bei Kematen gab es zwei Übergänge, an denen Siedlungsreste nachweisbar sind. Nördlich des Ortes am linken Flussufer fand man ein leider stark zerstörtes römisches Hügelgräberfeld aus dem 2. Jahrhundert.

Der Ortsnamen Chemnaten taucht erstmals in einem Seitenstettner Urbar von 1292 auf. Die vier Bauernwirtschaften sowie eine Mühle waren damals Besitzungen des Hochstiftes Freising. Den Flussübergang nutzten osmanischen Streitscharen 1529 und 1532 bei ihren Vorstößen Richtung Westen, 1805 eine Truppeneinheit der napoleonischen Armee.  

Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich die bis dahin rein landwirtschaftlich geprägte Region zu ändern. Durch den Bau einer Großsäge in Amstetten nahm der Holztransport auf der Ybbs durch Flößer seit 1865 stark zu. Dem ansteigenden Verkehrsaufkommen trug man 1866 durch den Bau einer mächtigen Steinbrücke über die Ybbs Rechnung. Die auf drei Pfeilern ruhende Bogenkonstruktion erhebt sich 33 Meter über den Wasserspiegel und avancierte rasch zum Wahrzeichen des Ortes.

Der Direktor der Klein-Neusiedler Papierfabrik Josef Hiebl und der Wiener Kaufmann Anton Pokorny erwarben eine der Mühlen an der Ybbs, um eine Holzschleiferei zur Papiererzeugung einzurichten. 1872 wechselte der Eigentümer: Die Zellulose- und Papierfabriksgesellschaft kauften den Betrieb am Westufer der Ybbs auf, der in der Folge zu einer vollständigen Papierfabrik ausgebaut wurde. 1889 nahm eine zweite Papiermaschine die Produktion auf. Durch die Umstellung auf elektrischen Antrieb und den damit in Verbindung stehenden Bau eines Elektrizitätswerkes 1892 konnte das Produktionsvolumen weiter vergrößert werden. Der Bau einer Drahtseilbahn verband ab 1915 das Werksgelände mit der Kronprinz-Rudolf-Bahn, die seit 1872 das Ybbstal erschloss und deren neue Haltestelle Hilm-Kematen jenseits der Straße und des Flusses lag. Die Fabrik wurde zum wichtigsten Arbeitgeber; ihr Ausbau führte zu einem Anstieg der Bevölkerungszahl. Arbeiterwohnhäuser wurden errichtet.

Erst 1929 erbaute man am nördlichen Siedlungsrand einen schlichten Saalkirchenbau – die Pfarrkirche Hl. Familie – nach Plänen des Architekten Max Schlager (1871–1957); 1949–51 erfolgten Zubauten, etwa die Vorhalle, die Marienkapelle und der vorgestellte Süd-Turm. Nach amerikanischem System wurde 1964 eine Nummerierung der Straßen eingeführt. Mit Bescheid vom 19. November 1974 erhielt der Markt ein Wappen verliehen: Ein von Rot auf Blau geteilter Schild, dessen oberes Feld mit einem goldenen Wasserrad, dessen unteres Feld mit einer vierbogigen, silbernen, bis zur Schildesteilung reichenden Steinbrücke belegt ist. Am 12. März 1985 wurde die Gemeinde Kematen zur Marktgemeinde erhoben. Seit 1998 entsteht durch ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich nördlich von Kematen auf einer Fläche von 150.000m2 das interkommunale Großprojekt „Wirtschaftspark Kematen“, an dem 22 Gemeinde beteiligt sind.