Michelhausen


Gemeinde Michelhausen

Ortsgeschichte

Am südwestlichen Rand des Tullnerfeldes liegt die Marktgemeine Michelhausen. Sie besteht heute aus den Ortschaften Atzelsdorf, Michelhausen, Michelndorf, Mitterndorf, Pixendorf, Rust, Spital und Streithofen, die gleichzeitig Katastralgemeinden sind.

Michelhausen gehört zu den ältesten Pfarren in Niederösterreich. Bereits 834 wird in den Annalen des Hochstifte Regensburg eine ecclesia in loco Bersnicka (eine Kirche im Gebiet der Perschling) erwähnt, mit der vermutlich die Kirche in Michelhausen gemeint ist. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wurde hier eine bischöflich-regensburgische Pfarre errichtet.

In einer Urkunde König Ottokars II. Přemysl, mit der dieser am 5. März 1252 Bischof Albert von Regenburg die Rückgabe seiner Besitzungen versprach, werden die Orte Michelhausen, Acellendorf (heute Atzelsdorf), Possendorf (heute Pixendorf), Spital, Mitterndorf und Michelndorf genannt. Die Erstnennung von Streithofen fällt in das Jahr 1112: Am 12. August dieses Jahres schenkte Bischof Ulrich von Passau das Dorf Streithofen dem Chorherrenstift St. Georgen. Die älteste Nennung von Rust findet sich in einer Urkunde Leopold VI. des Glorreichen vom 14. November 1219.  

Missernten, Heuschreckenschwärme und schwere Überschwemmungen durch Donau und Perschling (1342, 1347 und 1402) suchten im 14. und 15. Jahrhundert das Tullnerfeld und seine Bevölkerung heim. Während des ersten osmanischen Ansturms 1529 zogen Akindschis – leichte Kavallerieeinheiten – mordend und brennend durch das Tullnerfeld. Pixendorf, Atzelsdorf und Mitterndorf wurden verwüstet. In der Reformationszeit waren die Prädikanten Wolf Nussdorfer und Vitus Schederle und Volkmar Markus in Michelhausen tätig. Letzterer richtete im Ort eine teutsche Schule für zwölf Knaben ein.

Der Bauernaufstand 1596/97 führte auch im Tullnerfeld zu Unruhen. Auslöser war die Überstellung der zur Niederschlagung der Revolte angeworbenen Haiducken von Mannersdorf nach St. Pölten. In Michelhausen sammelten sich am 26. Februar 1597 4000 aufständische Bauern und zogen gegen Judenau vor das Haus des Viertelhauptmanns. Sie drangen in den Hof ein und verlangten Wein zu trinken. Man einigte sich gütlich. Die Bauernrevolte von 1596/97 wurde blutig niedergeschlagen. Für Michelndorf und Mitterndorf ist ein Banntaiding aus dem Jahre 1648 überliefert, das Rechte und Pflichten sowie das Zusammenleben im Ort regelte. Älteren Datums ist das Weistum für Streithofen, dessen Grundherrschaft das Stift Herzogenburg war. Es stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Pest und der zweite Ansturm der Osmanen 1683 suchten das Tullnerfeld heim: 1679 starben in Michelhausen 46 Personen an der Pest. Tartaren brannten Michelhausen und Spital nieder.   

Im 18. Jahrhundert ließen sich Eremiten auch im Tullnerfeld nieder. Die Eremiten waren Angehörige des dritten Ordens des heiligen Franziskus. Neben der von Herzogin Maria Theresia von Liechtenstein-Savoyen-Carignan gegründeten Eremitage in Judenau gab es auch in Pixendorf eine Einsiedelei. Dort hielt ab 1755 der Eremit auch Unterricht ab. Kaiser Joseph II. hob die Eremitagen auf. Der letzte Eremit in Pixendorf – Andreas Mayr – starb 1806. Er war wie seine Vorgänger auch als Lehrer tätig gewesen. In Pixendorf stiftete die Herzogin für ihre Untertanen ein Altersheim hinter dem Meierhof, das älteste im Tullnerfeld.   

Seit 1710 war die den Heiligen Petrus und Paulus geweihte Pfarrkirche ein beliebter Wallfahrtsort. In diesem Jahr hatte man ein wundertätiges Marienbild Maria Trost aus der Tullner Dominikanerinnen-Kirche nach Michelhausen gebracht. Der Zustrom der Gläubigen war so groß, dass man aus den Opfergeldern bereits zwei Jahre später eine Kapelle anbauen konnte. Am 26. August 1781 brach im Zentrum des Ortes ein Brand aus, der 40 Häuser, den Pfarrhof, die Schule einäscherte und die Kirche schwer beschädigte. Unter Einbeziehung noch bestehender älterer Bauteile ging man noch im selben Jahr daran, die Kirche neu aufzubauen. Der Kremser Maurermeister Joseph Koch führte den Bau durch: ein vierjochiges Langhaus mit einem eingezogenen leicht erhöhten Altarraum. Die einheitliche Freskenausstattung schuf Josef Adam Mölk, der seit 1766 in Wien und Niederösterreich tätig war. 1884 waren Bau und Ausstattung abgeschlossen. Der Hochaltar und die Chorbalustrade stammen aus der aufgelassenen Karmelitinnenkirche in St. Pölten. Die Seitenaltäre entstanden um 1730.

Während der Napoleonischen Kriege hatten die Orte im Tullnerfeld durch Einquartierungen und Plünderungen zu leiden. So waren in Pixendorf 1797 verbündete russische Truppeneinheiten eine Woche lang untergebracht. Bis zu 80 Soldaten wohnten in jedem Haus. Mitten während der Kriegsläufe äscherte ein Großbrand 1806 den Ort Michelhausen ein. 1809 waren es französische Soldaten auf ihrem Weg Richtung Wien, die durch das Tullnerfeld zogen. Im Pixendorfer Schloss wurde ein Militärspital eingerichtet. Es kam zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Morde durch die Soldateska.

Schweickhardt in seiner Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens beschreibt Michelhausen als ein Dorf mit 49 Häusern. Die Einwohner waren Bauern, die Feldbau und Viezucht betrieben. Der Viehstand belief sich auf 46 Pferde, 2 Ochsen, 95 Kühe, 159 Schafe und 100 Schweine. An Handwerken waren im Ort vertreten ein Schneider, ein Schuster, ein Hafner, ein Schmied, ein Wagner, ein Bäcker, ein Fleischhauer sowie ein Wundarzt, ein Krämer und zwei Gastwirte. Nach der Aufhebung der Grundherrschaft bildeten ab 1850 die Katastralgemeinden Atzelsdorf, Michelhausen, Michelndorf, Mitterndorf, Pixendorf, Spital und Streithofen die Gemeinde Michelhausen. Für die Verwaltungstätigkeit gab es lange Zeit keine geeigneten Räumlichkeiten. Um die Kaiser-Franz-Joseph-Bahn mit der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn zu verbinden, begann man 1884 mit dem Bau der Verbindungsstrecke Tulln–St. Pölten. Im März 1885 errichtete man den Bahnhof in Michelhausen. Bereits am 3. August 1885 erfolgte die Eröffnung der neuen Bahnstrecke.

Erst nach dem Anschluss 1938 wurde im ersten Stock des Gasthauses Kleber eine Gemeindekanzlei eingerichtet und ein Gemeindesekretär eingestellt. Ferner erhielt Michelhausen ein eigenes Standesamt. Die wachsende Bedeutung des in Moosbierbaum angesiedelten Chemie-Werkes, das in den letzten Kriegsjahren Flugzeugbenzin herstellte, führte zum 1944 fertig gestellten Ausbau der Bahnstrecke, die nun zweigleisig geführt wurde. Im selben Jahr begannen die alliierten Luftangriffe auf das Werk und die Bahnstrecke. In Michelhausen starben elf Einheimische und elf ausländische Zwangsarbeiter. Noch stärker war die Gemeinde Rust betroffen: Auf das Gemeindegebiet fielen 3996 Bomben, auf den Ort direkt 364. An den Häusern entstand schwerer Schaden. 21 Todesopfer waren zu beklagen.

Mit 1. Jänner 1947 wurde das Standesamt in Michelhausen aufgelassen. Für Trauungen war nun wieder Atzenbrugg zuständig. Am 30. Oktober 1949 konnte das durch einen Bombentreffer nahezu zerstörte Schulgebäude wieder seine Pforten öffnen, in dem auch bis 1955 die landwirtschaftliche Fortbildungsanstalt untergebracht war. In den folgenden Jahren lag der Schwerpunkt der Gemeindeentwicklung auf dem Wiederaufbau, der Verbesserung der Infrastruktur und der Schaffung von adäquatem Wohnraum. Ein neuer Schulbau konnte nach zweijähriger Bauzeit 1970 eröffnet werden. 1994 wurde er durch Zu- und Umbauten vergrößert und bietet nun Platz für acht Klassen. Auf Basis der Niederösterreichischen Gesetze zur Gemeindestrukturverbesserung schloss sich 1972 die Gemeinde Rust der Gemeinde Michelhausen an. Mit Bescheid vom 2. Juli 1974 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Gemeinde Michelhausen ein Wappen: In Rot ein silberner Schrägrechtsbalken, überdeckt von einem goldenen schwarzbedachten festen Haus, mit offenem schwarzen Tor und ebensolchen Fenstern, überragt von einem ebensolchen Turm. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Rot-Weiß-Gelb wurden genehmigt. Noch im selben Jahr wurde aufgrund der positiven Entwicklung Michelhausen durch Beschluss des Niederösterreichischen Landtages zum Markt erhoben.

Am 15. Mai 1993 wurde das Heimatmuseum Michelhausen eröffnet, nachdem im Jahr zuvor in Rust das erweiterte Leopold-Figl-Museum seine Pforten geöffnet hatte.