Neumarkt an der Ybbs


Gemeinde Neumarkt an der Ybbs

Ortsgeschichte

Bis in die Kupfer- und Bronzezeit reichen die Wurzeln der Besiedelung zurück. So wurden beispielsweise im Zuge des Autobahnbaus in Stadelfeld frühbronzezeitliche Gräber angeschnitten und dabei teilweise zerstört. Bei einer Grabung wurden 38 Körpergräber mit Hockerbestattungen gefunden; zahlreiche Beigaben (Schüsseln, Tassen, Bronzespiralen und Bronzenadeln) wurden geborgen. In der Eisenzeit bewohnten Illyrer die Gegend zwischen Donau, Enns und Erlauf. Bei einem Schotteraushub stieß man auf römische Mauerreste: Es könnte sich dabei um den römischen Wachturm ­– burgus – handeln, der auf der Tabula Peutingeriana als Ad pontem Ises eingezeichnet ist. Neumarkt dürfte neben Mitterburg und Waasen ein Vorort des Römerkastells Ybbs gewesen sein.

Auf den Ebenen des Ybbsfeldes (Campo Ibosa) besiegte Karl der Große 788 die mit den Bayern (Tassilo III.) verbündeten Awaren in einer Schlacht, die wahrscheinlich auf Neumarkter Gemeindegebiet stattgefunden und laut Quellen 10.000 Tote gefordert hatte. Damit wurde das westliche Niederösterreich dem Frankenreich eingegliedert. Im Mittelalter war der Name Ybbsfeld für das Gebiet um Neumarkt gebräuchlich: So wird um 1160 ein Gebehart de Ibesevelt genannt. In einem Passauer Urbar wird Neumarkt erstmals 1220 als apud novum forum – dem bei Blindenmarkt gelegenen neuen Markt – erwähnt; damals hatte die Ansiedlung offensichtlich schon besondere Bedeutung als Markt erlangt. Bei Neumarkt gab es bereits früh einen Übergang über die Ybbs; hier wurde Straßenmaut für das Benutzen der Reichsstraße eingehoben. Spätestens ab dem 15. Jahrhundert war Neumarkt ein Markt mit einem blühenden Gemeinwesen, an dessen Spitze ein von der Bürgerschaft gewählter Marktrichter stand. Beim sogenannten „Urteilskreuz“ (Rotes Kreuz) an der Straße nach Karlsbach (nach der Bahnunterführung), mussten Straftäter, die dem Blutbann der hohen Gerichtsbarkeit anheimfielen, an den Landrichter ausgeliefert werden.

1512 wurde das Marktrecht erneuert. Bei den osmanischen Einfällen 1529 und 1532 wurde der Ort niedergebrannt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts errichtete die Herrschaft Karlsbach einen prächtigen Renaissancebau, das Herren- und Mauthaus, das heute als Rathaus dient. Das Luthertum wurde ab der Mitte des 16. Jahrhunderts besonders von den Inhabern der Herrschaft – zunächst Salamanca-Ortenburg, dann die Herren von Althan – gefördert. Im Saal des Karlsbacher Meierhofes gab es Verkündigungen durch protestantische Prädikanten. 1574 verlieh Kaiser Maximilian II. dem Ort erneut das Marktwappen. Während der Bauernaufstände 1596/97 sammelten sich in Neumarkt Ende Jänner 1597 an die 15.000 Mann. Die Aufständischen leisteten hier ihrem Anführer Hans Markgraber den Treueeid. In der Folge nahmen sie die Burgen Karlsbach, Leutzmannsdorf und Seisenegg ein, ehe sie die Städte Ybbs und Pöchlarn besetzen. Nach der Niederschlagung der Revolte wurde einer der Anführenden, der Neumarkter Schuster Paul Vogtstötter, von den Bürgern ausgeliefert. Er hatte an der Seite Markgrabers gekämpft. Am 19. April verurteilte ihn das Kriegsgericht in Ulmerfeld zur Todesstrafe des Vierteilens. Vorher sollte ihm die rechte Hand, in der er die Fahne der Aufständischen getragen hatte, abgeschlagen werden. Seine Hinrichtung fand am 5. Mai auf der Bauernschanze bei St. Pölten statt.

1654 erwarb Joachim Freiherr von Windhag das Mautrecht mitsamt dem Gebäude. In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde der Tabakanbau in Niederösterreich populär; in Neumarkt begann damit der aus Bayern eingewanderte Hans Härtinger, der seine Mitbürger in Anbau und Pflege unterwies. Der weit über die Bezirksgrenzen hinausgehende Absatz brachte dem Ort Wohlstand. Das 1676 installierte Staatsmonopol für den Handelsmann Johann Geiger aus Enns inkorporierte 1678 auch den Neumarkter Tabakbau. 1660 verlieh Kaiser Leopold I. dem Ort das Recht auf zwei Jahrmärkte, die am 19. März und 6. Dezember stattfanden. Beim neuerlichen Türkeneinfall von 1683 wurden mehrere Einwohner verschleppt, 16 Häuser und das Getreide wurden verbrannt und die Kirche mitsamt Orgel beschädigt. Die napoleonischen Kriege brachten Neumarkt mehrmals in Bedrängnis. Ende des Jahres 1800 drangen französische Soldaten ins Neumarkter Rathaus ein und zerstörten die Bürgerschaftslade. 1805 und 1809 lagerten sie erneut in Neumarkt; auch Napoleon fuhr mehrmals durch den Ort. Seit 1814 übte die Herrschaft Auhof das Richteramt aus. 1848 wurde die Verwaltung an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten übertragen. 1856 fand die Trassierung der Westbahnstrecke statt, die 1858 eröffnet wurde. Ab 1872 – bis 1961 – wurde das Mauthaus als Schule genützt. 1896 wurde der Gerichtsbezirk und somit auch Neumarkt dem politischen Bezirk Melk eingegliedert.

Während des Zweiten Weltkriegs führte die exponierte Lage an der Westbahn zu mehreren Bombenangriffen. Im Februar 1945 wurde ein Personenzug von amerikanischen Fliegern beschossen. Die 34 Toten wurden im Auftrag der Melker NSDAP-Kreisleitung drei Tage später bei einem Parteibegräbnis beigesetzt. Eine Stunde, nachdem die Parteiführer den Ort verlassen hatten, nahmen fünf Priester unter großer Beteiligung der Bevölkerung die kirchliche Einsegnung vor. Der Markt stand im Frühjahr 1945 mehrmals unter Beschuss. In den letzten Kriegstagen entfernten zwei Neumarkter unter Lebensgefahr Sprengsätze an der Straßenbrücke über die Ybbs Richtung Kemmelbach, die die SS angebracht hatte. Kurz darauf zogen die russischen Alliierten in Neumarkt ein.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1974 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Martkgemeinde ein Wappen: Geteilt von Rot und Silber mit einem rotbezungten, golden bekrönten Löwen in gewechselten Farben.