Tattendorf


Gemeinde Tattendorf

Ortsgeschichte

Das östlich von Bad Vöslau an der Triesting gelegene Tattendorf wurde zur Stärkung der Grenzen gegen die Magyaren vermutlich um die Mitte des 11. Jahrhunderts von den Babenbergern gegründet und gezielt mit Kolonisten besiedelt. Der Ort wird urkundlich erstmals im Klosterneuburger Traditionskodex erwähnt, als 1114 ein Erchenbert von Gars eine Schenkung tätigte, die Adaloldus de Tatindorf als Zeuge unterzeichnete. Man vermutet, dass letzterer in Verbindung mit den Kuenringern stand. Vermutlich schon früh errichtete die Mutterpfarre Traiskirchen hier in Tattendorf eine Kirche. Diese wurde nach 1312 oder bereits zuvor dem Stift Melk inkorporiert. Grundherr war ab der Mitte des 12. Jahrhunderts das Stift Klosterneuburg und blieb dies bis 1848. Rund einhundert Jahre später (1258) finden sich mit dem perchrecht (= Weingartenordnung) erste Hinweise auf den für die Region so wichtigen Weinbau. Mitte des 15. Jahrhunderts gehörten zumindest Teile von Tattendorf noch zur Herrschaft Traiskirchen, wie der Text des aus dieser Zeit stammenden Banntaidings belegt. Zu dieser Zeit war die Kirche wieder eine Filiale von Traiskirchen.

Die im Nordwesten des Ortes auf freiem Feld gelegene Kirche Maria Ellend wurde beim ersten Einfall der Osmanen 1529 zerstört. Es dauerte an die vierzig Jahre, bis Kirche und Pfarrhof wieder aufgebaut wurden. Da Tattendorf lange Zeit ohne seelsorgerische Betreuung war, entsandte das Stift Klosterneuburg zwei Kapläne in den Ort. Es entbrannte daraufhin ein Streit um die Patronatsrechte zwischen den Stiften Melk und Klosterneuburg. Am 19. Jänner 1585 wurde dieser beigelegt: Das Stift Klosterneuburg erhielt gegen Zahlung einer Abfindungssumme die Vogtei und Lehenschaft der Pfarre Tattendorf. Das Stift Klosterneuburg besaß nun neben der Grundherrschaft und den Rechten der Ortsobrigkeit auch alle kirchlichen Rechte.    

Zerstörung und Vernichtung prägten das 17. und 18. Jahrhundert: Ungarische Aufständische richteten ebenso wie Reitertrupps zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges große Schäden an. Die einfallenden Osmanen (1683) ermordeten nahezu die gesamte Bevölkerung, und grassierende Seuchen wie Pest und Cholera rafften zahlreiche Menschen dahin. Diese großen Verluste wurden durch Zuzügler ausgeglichen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zogen Kuruzzen brandschatzend durchs Land und plünderten den Ort. Während der Kriegszüge Napoleons (besonders zwischen 1805 und 1809) musste der Ort für die Verpflegung französischer Truppenteile sorgen.  

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielt auch in Tattendorf die Industrialisierung Einzug. Zwischen 1825 und 1828 erbaute Franz Girardoni eine Spinnfabrik, die 1853 in einem Konkursverfahren Theodor Dumba erwarb. 1873 beschäftigte diese Baumwollgarnspinnerei rund 180 Arbeiter. Sein Cousin Nikolaus Dumba übernahm die Fabrik und unterstützte in der Folge auch den Ort. Besonders kümmerte er sich um die Tattendorfer Kinder, die Arbeiter und die Armenfürsorge. Um 1945 wurde der Betrieb aufgelassen, die Gebäude 1991 demoliert. 1888 trat auch in Tattendorf die Reblaus auf; alle Weinkulturen wurden vernichtet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Tattendorf mehrmals von Luftangriffen getroffen. Die Flüchtlinge, die durch den Ort zogen, wurden in einem Teil des Schulgebäudes untergebracht, das zum Auffanglager umfunktioniert wurde. Nach Kriegsende waren teilweise bis zu 780 russische Soldaten im Ort einquartiert. In den folgenden Jahrzehnten wurden die zerstörten Brücken neu errichtet, die Ortsstraße asphaltiert, die Ortswasserleitung 1954 fertig gestellt. 1987 wurde der 1972 eingeführte Gemeindeverbund mit Steinfelden aufgelöst und Tattendorf schließlich mit 1. Jänner 1988 wieder selbständig.

Mit Bescheid vom 19. August 1998 verlieh die NÖ Landesregierung der Gemeinde Tattendorf ein Wappen: Gespalten von Rot und Gold, vorne über einem schwarzen Adler mit ausgebreiteten Flügeln eine rote Sturzkrücke, hinten aus dem Schildfuß wachsend ein belaubter goldener Weinstock mit drei Trauben. Gleichzeitig wurden die Gemeindefarben Gelb-Rot genehmigt.

Im Gemeindegebiet (Ried „Rohrlüsse“) befinden sich wertvolle Feuchtbiotope und trockenes Hecken- und Wiesenland, ein Paradies für heute gefährdete Vogelarten und Nährboden für eine artenreiche Pflanzenwelt.