Weistrach


Gemeinde Weistrach

Ortsgeschichte

Weistrach liegt wenige Kilometer nordwestlich von St. Peter in der Au an der wichtigen Straßenverbindung von Amstetten nach Steyr. Zur Gemeinde Weistrach gehören derzeit die Ortschaften Hartlmühl, Holzschachen, Rohrbach, Schwaig und Weistrach mit den Ortsteilen Dorf, Gmörktner, Goldberg, Grub, Hartlmühl, Holzschachen, Kerschbaumerhäuser, Mitterhäuser, Ofner, Reithäuseln, Rohrbach, Schwaig, Weistrach und Zauchermayrhäuser sowie zahlreiche Einzelgehöfte. Katastralgemeinden sind neben Weistrach Grub, Hartlmühl, Holzschachen, Rohrbach und Schwaig.

Die älteste Erwähnung findet der Ort im Garstener Traditionscodex: Um 1100 schenkte Gisela einen Besitz in Witztrah dem neugegründeten Benediktinerkloster Garsten mit Zustimmung des Markgrafen Ottokar VI. von Steyr. Als Zeuge wird ein miles liber Reginher mit seinen Söhnen genannt. Zehn Jahre später verkaufte Udalrich, ein Enkel der Gisela, dem Konvent den Nachbarhof. In den betreffenden Urkunden wurde die Familie als Ministerialen – Gefolgsleute – der Markgrafen zu Steyr bezeichnet. 1151 zeichnete ein plebanus Gundelbertus de Wiztra in einer Seitenstettner Urkunde, der erste namentlich bekannte Weltpriester in Weistrach. Weitere Schriftquellen nennen 1163 eine Erintrude de Wiztrahan, um 1170/80 Konrad und Hettilo, ebenfalls Gefolgsleute der Markgrafen von Steyr.

Neben dem Kloster Garsten erhielten u.a. auch die Stifte Admont und St. Florian, die Benediktinerklöster Gleink bei Steyr und Seitenstetten Schenkungen in Weistrach. Der im Ortsteil Goldberg gelegene Burgstall Zaucha hingegen war ein Lehen der Bamberger Bischöfe. Die Herren von Zaucha lassen sich für den Zeitraum von 1160 bis 1400 urkundlich belegen. Ab etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts tauchen die Herren von Rohrbach auf: 1348 Konrad von Rohrbach. 1420 wird die Burg Rohrbach als Sitz Rohrbach bezeichnet.

Unklar sind die Anfänge der Pfarre Weistrach. Enge Beziehungen bestanden zu Behamberg, dessen Kirche bereits 1082 urkundlich erstmals genannt wurde. Im 13. Jahrhundert führten diverse Verzeichnissen des Bistums Passau namentlich nur Weistrach auf, nicht aber Behamberg. Weistrach dürfte zu diesem Zeitpunkt die Hauptpfarre gewesen sein. In der Folge könnten Behamberg und Weistrach eine Art Doppelpfarre gebildet haben, wobei die führende Rolle immer wieder wechselte.

Als in Steyr 1397 ein Inquisitionstribunal gegen die Waldenser anberaumt wurde, mussten sich auch zwei Weistracher Bauern verantworten: Dietrich zu Griedling wurde zu einer öffentlichen Buße verurteilt, die er bei der Kirche in Weistrach abzuleisten hatte. Weiters musste er acht Jahre lang das Ketzerkreuz tragen. Der zweite, Gundel am Holzapfelberg zeigte sich zunächst ebenfalls reuig und wurde zur selben Buße verurteilt. In einem zweiten Verfahren 1398 wurde er aber aufgrund seines Verhaltens, das ihn als Ketzer offenbarte, zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt.

Während der Eroberung des Erzherzogtums unter der Enns durch Matthias Corvinus wurde 1487 nach langer Belagerung die Burg Rohrbach von ungarischen Truppen besetzt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete man anstelle des romanischen Vorgängerbaus – ergraben wurde eine Saalkirche mit rechteckigem Chorquadrat und halbrunder Apsis – eine spätgotische Hallenkirche. Die Gewölbe des Langhauses und des Chores zählen zu den Hauptwerken der spätgotischen Architektur in Österreich. Das reiche Schlingrippengewölbe besteht aus einem komplizierten System überschnittener Rippenschleifen. Am Triumphbogen entwickeln sich daraus stalaktitenförmig herabhängende Rippenanläufe. Von der ursprünglichen Ausstattung haben sich nur Freskenreste erhalten: ein Konsekrationskreuz seitlich des Südeinganges sowie am Außenbau im Nordosten ein gemalter Fries unter der Traufe.  

Während der Reformation waren von 1569 bis 1599 lutherische Prädikanten in Weistrach tätig. Nach ihrer Vertreibung wurde Weistrach eine Filiale von Behamberg. Dessen Pfarrer hatten bis 1934 das Präsentationsrecht – d.h. sie durften jeweils den Geistlichen für die seelsorgerische Betreuung von Weistrach vorschlagen. Weistrach war nun ein Vikariat von Behamberg.

Von den osmanischen Einfällen 1693 blieb Weistrach verschont. Als Dank dafür stiftete man ein Jahr danach eine neue Kirchenglocke zur Ehre der Gottesmutter. Der Pest in den Jahren 1679 und 1713 fielen 60 Personen zum Opfer.

Vor 1655 wirkte der erste Schulmeister in Weistrach: Michael Hözler, dessen Witwe am 20. Juni 1655 ihre zweite Ehe einging. In der Folge finden sich in den Pfarrmatriken und -rechnungen laufend Belege für Schulmeister in Weistrach. Wo der Unterricht zu dieser Zeit stattfand, lässt sich nicht eruieren. 1758-1761 wurde ein neues Schulgebäude errichtet, das heutige Gemeindehaus. Zwischen 1778 und 1784 wurde das Gemeindegebiet um 98 Haager Häuser vergrößert. Während der napoleonischen Kriege nutzten 1800, 1805 und 1809 französische Truppen die Straße von Steyr Richtung Amstetten auf ihrem Weg nach Wien. Besonders betroffen waren die in Straßennähe gelegenen Gehöfte. Sie waren Plünderungen und Brandschatzungen ausgeliefert. Um den 5. Mai 1809 lagerten hier tausende Soldaten. Das Lager reichte vom Zauchasteg bis nach St. Peter in der Au, wie Vikar Prokop Gruber in seinem ausführlichen Bericht über die Ereignisse im Mai 1809 berichtete.
  
Schweickhardt beschreibt 1838 die Bewohner als Landbauern mit mittelmäßiger Bestiftung. Zu seiner Zeit lebten 20 Familien in 17 Häusern. Der Ort verfügte über einen Wundarzt, einen Krämer, einen Müller, einem Wirt, einem Bäcker, einem Fleischhauer, zwei Schuster, zwei Schmiede und einen Weber. Der Viehbestand belief sich auf 9 Pferde, 6 Ochsen, 44 Kühen, 4 Ziegen, 5 Schafen und 50 Schweinen. Er lobt die gute Obstpflege, dahier der beste Obstmost getroffen wird.
  
Am 6. November 1860 wurde Weistrach eine eigenständige Pfarre. Wenige Jahre danach – 1866 – begann man mit dem Ausbau und der Umgestaltung der Pfarrkirche unter Leitung der k.k. Centralkommission. Der Kirchenraum wurde gegen Westen um 1 ½ Joche erweitert. Die Fertigstellung erfolgte 1868. In mehreren Etappen erfolgte dann bis 1913 eine Regotisierung; u.a. wurden 1872 der neugotische Hochaltar und die Kanzel aufgestellt, ein Werk des Linzer Bildhauers Engelbert Westreicher. Ein Jahr danach wurden aus der Werkstatt Westreichers zwei Seitenaltäre geliefert.  

Die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg waren durch Bemühungen um die Verbesserung der Infrastruktur und die Schaffung von Wohnraum (Haas-Siedlung ab 1978, Pfarrhof-Siedlung 1980, Holzschachen-Siedlung 1988, Wohnhausanlage WET I 1992, WET II 2001, WET III 2006) bestimmt. 1971 konnte die neue Volksschule ihren Betrieb aufnehmen. Vier Jahre später wurden der neue Pfarrhof und das Pfarrheim eröffnet, errichtet an der Stelle der alten Volksschule. 1990 wurde im Kulturhof die Blaugelbe Viertelsgalerie eingerichtet, die 2006 zu blaugelbweistrach umbenannt wurde. Mit Bescheid vom 12. Juli 1994 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Gemeinde ein Gemeindewappen: Ein schräg gevierter Schild, eins und vier dreimal von Rot und Silber geteilt, zwei und drei Blau. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Rot-Weiß-Blau wurden genehmigt. Das Wappen orientiert sich an dem historisch verbürgten Wappen der Ritter von Zaucha. Die feierliche Verleihung fand anlässlich der Eröffnung des generalsanierten Gemeindeamtes 2003 statt.