Drosendorf Stadt


Gemeinde Drosendorf-Zissersdorf

Ortsgeschichte

Drosendorf an der Thaya ist ein typisches Beispiel einer mittelalterlichen Burgstadt mit Dreiecksplatz und Anger innerhalb eines vollständig erhaltenen Mauerrings mit Stadttoren und Türmen. Schloss und Stadt liegen hoch über der Thaya, die der einstigen Grenzfestung zusätzlich Schutz bot.

Die erste mittelalterliche Dorfsiedlung entstand in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts an der Mündung des Thumeritzbaches in die Thaya, im Bereich von Drosendorf-Altstadt. Die Gegend hat allerdings eine weit über das Mittelalter zurückreichende Siedlungstradition, wie zahlreiche Funde ab der Jungsteinzeit belegen. Um 1100 wurde dort von den Grafen von Pernegg eine Pfarre gegründet (Altstadtpfarrkirche), ab dem 12. Jahrhundert ist die Besiedlung des Hausberges über dem Kirchort durch ritterliche Gefolgsleute der Pernegger anzunehmen. 1188 wird erstmals ein Albero de Drozendorf urkundlich genannt. Etwa um diese Zeit wird auch die planmäßige Anlage der neuen Burgstadt angenommen. Die alte Dorfsiedlung bestand aber weiter und wurde als „Altstadt" bezeichnet, erstmals in einer Urkunde Herzog Friedrichs II. von 1242 (antiqua civitas).

Nach dem Aussterben der Pernegger (um 1220) ging Drosendorf an die Landesfürsten über und wird um 1240 erstmals Stadt genannt. Einer der Marksteine in der Stadtgeschichte wurde der Sommer 1278: Damals verteidigte Stephan von Maissau die Stadt 16 Tage lang gegen den Böhmenkönig Ottokar II. und verschaffte damit König Rudolf von Habsburg die nötige Zeit, sein Heer für die siegreiche Entscheidungsschlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen zu sammeln. Die Habsburger verpfändeten die Stadt dem Maissauer. 1327 folgten die Herren von Wallsee, im 15. Jahrhundert die Eitzinger (1438).

Im Mittelalter hatte die Stadt vor allem grenzsichernde Bedeutung, spielte aber auch immer eine wichtige Rolle im Grenzhandel. 1310 erhielt Drosendorf von Friedrich dem Schönen ein Stadtrecht, 1379 und 1399 Jahrmarktsprivilegien. Im 15. Jahrhundert ließen die Herren von Eitzing anstelle einer älteren Kapelle die spätgotische Martinskirche - die Stadtkirche am Hauptplatz - neu erbauen (1461-1464). Die Stadtmauer wurde im Spätmittelalter um eine Zwingermauer mit äußeren Tortürmen verstärkt, im 16.  Jahrhundert wurde noch ein dritter - nur mehr in Bruchteilen erhaltener - Mauerring errichtet. Trotz der Befestigung wurde Drosendorf im Mittelalter mehrmals besetzt und erobert.

In der Neuzeit wurde die mittelalterliche Burg von Johann Mrakesch von Noskau, seit 1506 Herrschaftsinhaber und Gründer des Bürgerspitals (1536), zu einem Schloss umgebaut. Der Brand von 1694 machte im 18. Jahrhundert einen erneuten Umbau erforderlich.

Die im 16. Jahrhundert verstärkt auftretenden Konflikte der Stadt mit den Inhabern der Herrschaft Drosendorf um die städtische Gerichtsbarkeit wurden 1559 mit der Verleihung der Hochgerichtsbarkeit an die Stadt im Bereich des städtischen Burgfriedens durch Kaiser Ferdinand I. beendet. Ein Jahr darauf verlieh er ihr das heutige Stadtwappen mit dem Doppeladler und das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln. Die erhaltene Prangersäule aus dem 16. Jahrhundert mit der 1616 angefertigten Rolandsfigur („Steinerner Mann") war Zeichen der niederen Gerichtsbarkeit und ist mit ihren über acht Metern die höchste noch bestehende Säule im deutschsprachigen Raum. Für die wirtschaftliche Entwicklung war das 1514 von der Herrschaft errichtete Brauhaus sowie der im 16. Jahrhundert bei Drosendorf entstehende Bergbau von Bedeutung. Ein Alaunbergwerk wurde 1559 eröffnet, Ende des 16. Jahrhunderts gab es vorübergehend Bleibergbau.

Bis zum 17. Jahrhundert wurde die Herrschaft Drosendorf  von den Landesfürsten als Pfand weitergegeben. Mit dem Verkauf an die Freiherren von Mollarth im Jahr 1607 durch Kaiser Rudolf II. wurde die Herrschaft erbliches Eigen, während die Stadt selbst landesfürstlich blieb und an Eigenständigkeit gewann. Schloss und Herrschaft kamen nacheinander in den Besitz der miteinander verwandten Familien Muschinger, Kurz, Sprinzenstein, Lamberg-Sprinzenstein und, ab 1822, Hoyos-Sprinzenstein. Heute wird das Schloss als Seminar- und Bildungsstätte sowie als Frühstückspension genutzt.

Auch in der Neuzeit wurde Drosendorf erobert und besetzt: von den Schweden (1645), von den mit den Franzosen verbündeten Sachsen (1735), von den Franzosen (1805, 1809) und von den Preußen (1866). Die Stadtbrände von 1742 und 1846 zerstörten einen Großteil der Stadt und hinterließen ihre Spuren im Stadtbild mit einem Nebeneinander von Häusern mit Barock-, Biedermeier- und Jugenstilfassaden.

Im 19. Jahrhundert ging infolge der Verkehrsabgeschiedenheit die Bedeutung Drosendorfs zurück. Erst 1909 erfolgte mit der - inzwischen eingestellten - Bahnlinie Retz-Drosendorf die Anbindung ans Verkehrsnetz. Trotz Ansiedlung von Industriebetrieben im 19. Jahrhundert, wie einer Talgkerzenfabrik und einer Ölstampfe, blieb die Stadt eine Ackerbürger- und Kleingewerbestadt und wurde im 20. Jahrhundert ein beliebter Sommerfrischeort.

Heute präsentiert sich Drosendorf vor allem als Erholungs- und Urlaubsort mit reizvollem historischen Ambiente. An die Geschichte erinnert nicht nur das historische Stadtensemble, sondern auch die vom Heimatforscher Franz Kießling gesammelten Exponate im Heimatmuseum, das zu den ältesten Ortsmuseen Niederösterreichs zählt und seit 1982 im ehemaligen Bürgerspital untergebracht ist.