Gainfarn


Gemeinde Bad Vöslau

Ortsgeschichte

Der Weinbauort Gainfarn liegt südwestlich von Bad Vöslau am Südostrand des Wienerwaldes. Während des 16. Jahrhunderts gehörte Gainfarn neben Klosterneuburg, Mödling und Baden zu den acht größten Siedlungen des Wienerwaldes.

Brandgräber mit beigegebenen Schmuckgegenständen belegen Ansiedlungen bereits seit der Eisenzeit. Über Gainfarn könnte die Römerstraße von Wien nach Sopron (Ödenburg) geführt haben. In einem römischen Brunnen fand man Keramikscherben und Fragmente von Essgeschirr, Trinkbehälter und Opferschalen.

Bereits zu Anfang des 12. Jahrhunderts wurde in der landwirtschaftlich geprägten Ortschaft ein Weingarten genannt, der älteste überlieferte im Bezirk. 1136 vermachte ein Reginbert dem Stift Klosterneuburg einen Wirtschaftshof im Dorf Goinurin (Gainfarn). Der Ortsname – mit den Schreibvarianten Goinvarin, Connvarn, Guenvarn etc. – wird interpretiert als Ort am Gain (Goin), also am dichten Wald bzw. Urwald, der gerodet und urbar gemacht wurde. Gainfarn könnte bereits im 11. Jahrhundert entstanden sein. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts  erhielten die Stifte Melk, Heiligenkreuz und Admont die Zehenteinnahmen von Gainfarner Weingärten, ab dem 13. Jahrhundert auch Klein-Mariazell. Den Schönauern gehörte ab ca. 1200 die Herrschaft, sie waren aber nicht vor Ort ansässig. Ab etwa 1206 scheint mit Rudwin von Gainfarn eine Familie auf, die sich nach dem Ort nannte. Urkundliche Belege finden sich für diese Familie bis in die 30er Jahre des 15. Jahrhunderts. Die älteste Weinriedenbezeichnung der Gegend betrifft einen in Mos bei Gainfarn gelegenen Weingarten, den Poto von Merckenstain dem Kloster Klein-Mariazell nach einem Streit im Jahre 1279 überließ. Mit Wein aus Gainfarn und Umgebung wurde im Mittelalter auch in Wiener Neustadt gehandelt. Er wurde über den Semmering bis in die Steiermark verkauft.

Die dem hl. Johannes dem Täufer geweihte Kirche bestand schon vor dem 14. Jahrhundert. Erst 1312 wird sie urkundlich fassbar. In diesem Jahr wird die Filiale von der Mutterpfarre Traiskirchen gelöst und zur Eigenpfarre. Die Mutterpfarre Traiskirchen hatte Markgraf Leopold der Heilige 1113 dem Stift Melk übergeben. Auch Gainfarn blieb dem Kloster Melk inkorporiert. Die Pfarre unterstand zunächst der Diözese Passau und seit 1729 der Erzdiözese Wien.

1448 wurden Gut und Dorf Gainfarn mit der Herrschaft Merkenstein vereinigt und waren somit in Besitz des Stefan von Hohenberg. Sein Sohn Johann von Hohenberg, bekannt als Anhänger von Matthias Corvinus, verkaufte 1484 das ein Jahr zuvor von den Ungarn verheerte Gainfarn an den Kaiser, der es durch seine Pfleger – die Herren von Haid – verwalten ließ. 1529 und 1683 wurde Gainfarn bei den Osmaneneinfällen vollständig zerstört. Zwischen 1542 bis 1585 hatte Gainfarn den Protestanten Franz von Ficin als Pfleger. Der Grabstein der Helene von Ficin (gest. 1548) befindet sich in der Pfarrkirche. 1675 kaufte Gundacker von Dietrichstein die Herrschaft Merkenstein und somit auch die umliegenden Dörfer mit Gainfarn. 1713/14 brach die Pest aus und forderte 63 Opfer.

1856 führte der erste, 1849 von der Bevölkerung gewählte Bürgermeister Johann Heger den jährlichen Viehmarkt ein. Der polnische Adelige Alfred Ritter von Golaszewsky errichtete 1864 an der zuvor entdeckten Quelle das „Etablissement de Hydrotherapie“ (Kaltwasserheilanstalt). Der mit einigen Badehütten betriebene Badebetrieb wurde 1879 durch Dr. Siegmund Friedmann erworben und ausgebaut. Die Kaltwasseranstalt erlebte um die Jahrhundertwende ihre Blütezeit. 1932 musste sie wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten geschlossen werden. Am 24. Oktober 1873 wurde die Hochquellwasserleitung eröffnet. Adolf Freiherr von Brenner-Felsach finanzierte im selben Jahr die Errichtung einer Kinderbewahranstalt in der Brunngasse. Betreut wurde sie von den „Dienerinnen des heiligsten Herz Jesu“, die auch für eine Hauskrankenpflege sorgten. 1921 wurde die Anstalt in einen Kindergarten umgewandelt. 1898 wurde der Männergesangsverein Gainfarn gegründet.

Das in erhöhter Lage östlich des Ortes gelegene Schloss Gainfarn wurde 1816 unter Verwendung älterer Bauteile bedeutend vergrößert. Mehrmals verkauft, gelangte es schließlich 1917 in die Hände der Berndorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp A.G. Während des ersten Krieges diente es dem Roten Kreuz als Lazarett, später bewohnten es die Verwaltungsbeamten der Firma Krupp. Zwischen 1945 und 1955 wurde es von der russischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und als militärische Unterkunft verwendet. Danach diente es als Schule. Heute befindet sich u. a. die Musikschule Bad Vöslau in dem Gebäude.  

Während der NS-Herrschaft wurde Gainfarn Bad Vöslau eingemeindet, jedoch bereits 1945 wieder selbständig. 1953/54 wurde die ehemaligen Kaltwasserheilanstalt durch dessen Besitzerin, die Vöslauer Kammgarnspinnerei A.G. in eine moderne Fabriks-Wohnhausanlage umgebaut und eröffnet. In den Folgejahren wurden Straßen asphaltiert und das verfallene Rathaus umgebaut.

Durch einen Beschluss des niederösterreichischen Landtages wurden mit 1. Jänner 1972 die drei bis dahin selbständigen Gemeinden Bad Vöslau, Gainfarn und Großau zusammengelegt.