Neusiedl


Gemeinde Waidmannsfeld

Ortsgeschichte

Die südlich der Stadt Pernitz liegende Katastralgemeinde Neusiedl bei Pernitz, der Wohnort der Schirennläuferin Michaela Dorfmeister, gehört heute zur Gemeinde Waidmannsfeld. Bedeutung erlangte er erst im Zuge der Industrialisierung.

Die Neusiedler Schwertfabrik, die an der Stelle einer bäuerlichen Sägemühle in der Rotte Quarb bei Neusiedl Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden war, erwarben 1866 Ignaz Ortmann und August Kruss. Sie gründeten eine Kunstwollfabrik und eine Spinnerei, in der sie Schafwollhadern verarbeiteten. Ab 1668 begann man mit der Errichtung der Arbeitersiedlung „Ortmann“, die 1884-91 teilweise wieder geschliffen wurde. Als 1877 die Südwestbahnlinie Leobersdorf-Gutenstein eröffnet wurde, erhielt die Fabrik eine eigene Bahnstation. Die Fabrik wurde um eine Deckenweberei erweitert, die Pferdedecken für das Militär produzierte.

1885 ging die Fabrikanlage in den Besitz von Julius Bunzl über. Zu dieser Zeit war die Arbeit im Werk bereits der Haupterwerbszweig für die Bevölkerung. Knapp nach der Jahrhundertwende entstand flussaufwärts eine weitere Produktionseinheit, in der Watte erzeugt und Baumwollhadern verarbeitet wurden. Das Unternehmen warb in Südmähren um Arbeitskräfte und baute Wohnhäuser für die Beamten und Arbeiter. Während des Ersten Weltkrieges wurde Zellstoffwatte und Nitrierkrepp für die Pulver- und Munitionsfabrik in Blumau erzeugt. Die drei 1917 erworbenen Papiermaschinen wurden nach Kriegsende auf die Erzeugung von Dünn- und Krepppapiere umgestellt. Nachdem 1921 eine vierte Papiermaschine und die erste Langsieb-Papiermaschine aufgestellt wurden, produzierte der Betrieb bald danach fast 40 % des Weltmarktbedarfs.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs kam es auch im Piestingtal zu Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. Hugo Bunzl initiierte ein Wohnbauprogramm. Er engagierte dazu den Wiener Architekten Josef Frank. Bereits im September 1919 legte dieser erste Pläne für einen „Arbeiter-Probewohnhof“ vor, die Vorbilder der Gartenstadt und der Siedlerbewegung aufgriff. Jede Wohneinheit besaß einen eigenen kleinen Garten, der zur Eigenversorgung mit Gemüse und Obst dienen sollte. Ab 1920 begann man mit der Errichtung der Arbeitersiedlung „Neue Kolonie“. Zu deren Errichtung zog man vor allem Beton heran. In der Folge errichtete man eine Gaststätte und ein Volksheim (1927), ein Kinderheim (1929) nach Plänen von Josef Frank und 1936 schließlich die Filialkirche hl. Maria in Ortmann. Hugo Bunzl förderte auch das Vereinswesen. Während des Zweiten Weltkriegs formierte sich in der Papierfabrik ein Widerstandszentrum.