Raabs an der Thaya


Gemeinde Raabs an der Thaya

Ortsgeschichte

Die Geschichte der Stadt Raabs, der „Perle des Thayatals" am Zusammenfluss der deutschen und mährischen Thaya, ist eng mit der um 1100 erstmals als castrum Rakouz erwähnten Burg verbunden, einer der größten und bedeutendsten Wehranlagen an dieser alten Grenze. Jahrhundertelang war Österreich für seine nördlichen Nachbarn Rakousko, das „Land hinter Raabs". Bis heute trägt die Republik auf Tschechisch diesen Namen, der an die einstige Bedeutung der Burg in der Geschichte des Landes erinnert.

Die Burg wurde nach derzeitigem Forschungsstand um 1000 als Sitz einer hochadeligen Familie gegründet. Als frühmittelalterlicher Vorgängerbau wird die befestigte Höhensiedlung auf der Flur Sand im nahen Oberpfaffendorf angenommen, die im 10. Jahrhundert zerstört wurde. In den 70er-Jahren des 11. Jahrhunderts gelangte die Burg als Königsschenkung an die Babenberger. Um 1100 war das castrum Rakouz im Besitz eines Gottfried aus der Familie der Burggrafen von Nürnberg. In der Folgezeit nannte sich die Familie nach Raabs und erwarb den Grafentitel. Die Grafen von Raabs gehörten im 12. Jahrhundert zu den bedeutendsten österreichischen Adelsgeschlechtern und waren mit den Babenbergern, den Formbachern und Vohburgern verwandt. Die Burg wurde ein Zentrum des Landesausbaus im Waldviertel.

Nach dem Tod des letzten Grafen 1191/1192 kam es durch die Aufteilung der Grafschaft unter den Erbtöchtern Sophie und Agnes für ein Jahrhundert zu einer wechselvollen Besitzgeschichte sowie der Trennung von Burg und Markt. Der westliche Teil mit der Burg gelangte über Agnes in den Besitz der Grafen von Hirschberg-Tallenstein, der östliche Teil mit dem Markt über ihre ältere Schwester Sophie, die Friedrich von Zollern heiratete und zur „Stammmutter" der Hohenzollern wurde, an die Zollern und wurde kurz danach dem Babenbergerherzog Leopold VI. verkauft. Unter König Ottokar II. war die gesamte Grafschaft 1260 wieder ungeteilt im Besitz des böhmischen Adeligen Wok von Rosenburg, unter den Habsburgern kam es 1282 wieder zu einer Teilung zwischen dem landesfürstlichen - ehemals babenbergischen - Teil mit dem Markt und dem Teil mit der Burg, den die Grafen von Hirschberg erhielten, ihn aber 1297 schließlich an die Habsburger verkauften. Die Grafschaft Raabs war nun landesfürstliches Lehen und wurde an die Herren von Maissau verpfändet, Burg und Markt waren endgültig vereinigt.

Die seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts bestehende Pfarre Raabs war eine der einträglichsten Pfarren im Land und wurde oft Klöstern oder geistlichen Würdenträgern überlassen. Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt auf dem Berg - im so genannten „oberen Dorf" neben der Burg - ist ein im Kern romanischer Bau aus dem 13. Jahrhundert, der im 14. Jahrhundert gotisch umgebaut wurde.

Der in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts angelegte Markt mit dem dreieckigen Hauptplatz wird erstmals im Zusammenhang mit dem Verkauf an Leopold VI. um 1200 genannt und besaß aufgrund der zeitweiligen Trennung von der Burg eine eigene, im 18. Jahrhundert abgerissene Kirche. Während des Mittelalters entwickelte er sich zu einem bedeutenden regionalen Handelsplatz und erhielt 1448 einen Jahrmarkt (später Simonimarkt), 1472 ein eigenes Siegel und in der Neuzeit weitere Jahrmärkte (1512, 1535, 1791).

Als Nachfolger der Maissauer waren die Herren von Puchheim ab 1358 für fast 350 Jahre Inhaber der Herrschaft Rabbs. Unter ihnen wurde die Burg ausgebaut, und 1554/1560 erfolgte ein bedeutender Umbau. Sie gehörten zu den führenden evangelischen Adeligsfamilien des Landes, Raabs war daher in der Reformationszeit überwiegend evangelisch. Anfang des 17. Jahrhunderts gelang es ihnen, die Herrschaft aus dem landesfürstlichen Lehensbesitz zu lösen und als Eigenbesitz zu erwerben. Nach vorübergehender Konfiskation 1621 behielten sie die Herrschaft Raabs bis 1702. Danach kam es zu mehrfachem Wechsel der Besitzer, darunter die Bartenstein (1760-1829) und die Freiherren von Kaiserstein (1829-1873). Heute ist die Burg in Privatbesitz.

Der Markt brannte während des Dreißigjährigen Krieges fast vollständig ab. Erst ab 1700 erfolgte eine Ortserweiterung an der Hauptstraße Richtung Osten. Große Bedeutung hatten bis ins 18. Jahrhundert die Textilverarbeitung und die Raabser Körnermärkte (Raabser Metzen). Es entstanden auch kleinere Gewerbebetriebe, wie zwei Papiermühlen und eine Papierfabrik, zu einer Industriegründung kam es aber nicht. Raabs blieb Zentrum eines vorwiegend landwirtschaftlich orientierten Raumes. An die Stelle der Körnermärkte traten im 19. Jahrhundert die Holz- und seit 1828 die überregional bedeutsamen Viehmärkte. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Raabs an der Thaya eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde am 1. Jänner 1992 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Waidhofen an der Thaya zugewiesen. Durch den Anschluss an das Bahnnetz mit Eröffnung der Eisenbahnlinie Göpfritz-Raabs 1899/1900 entwickelte sich der Ort im 20. Jahrhundert zu einer vor allem bei den Wienern beliebten Sommerfrische. Am 29. April 1926 wurde Raabs zur Stadt erhoben.

Raabs unterhält zur polnischen Stadt Reszel aber auch zur tschechischen Stadt Jemnice Partnerschaften, eine Städtefreundschaft verbindet Raabs mit Třešť in Tschechien.