St. Peter in der Au


Gemeinde Sankt Peter in der Au

Ortsgeschichte

Die Mostviertler Marktgemeinde St. Peter in der Au liegt westlich von Seitenstetten auf einer Terrasse des Url-Flusses. Seit 1. Jänner 1971 umfasst Großgemeinde St. Peter in der Au den Markt St. Peter und das Dorf St. Peter, sowie St. Johann in Engstetten, St. Michael am Bruckbach, Kürnberg und Hohenreith.

Das Gemeindegebiet ist seit der ausgehenden Jungsteinzeit besiedelt, wie zahlreiche Funde von Steinbeilen belegen. In St. Johann fand sich ein Grab aus der Hallstattzeit (800-400 v. Chr.). Im Frühmittelalter kolonisierten slawische Siedler die Gegend, worauf noch einige Flurnamen deuten (Recknitz, Dobra, Ertl, Zaucha), ab dem 11. Jahrhundert folgten dann bayrische und fränkische Siedler. Hurulam (=Url) taucht erstmals als Flussbezeichnung 863 in einer Urkunde auf. Im 12. Jahrhundert nannten sich die hochfreien Herrn Egino und Alram de Urle. Sie standen in enger Beziehung zu den Herren von Zelking und den Grafen von Formbach. Die beiden Brüder gelten als die hochmittelalterlichen Besiedler des Urltales. Auf sie gehen auch die Ursprünge der Burg in St. Peter zurück. Ihnen folgten nach ihrem Aussterben um 1180 die Lengenbacher nach.

In einer Urkunde vom 19. Juni 1210 findet sich die erste Erwähnung des Namens St. Peter. Die Kirche St. Peter dürfte um das Jahr 1200 der Regensburger Domvogt Otto IV. von Lengenbach als Eigenkirche gegründet haben. In Urkunden als Sancto Petro und 1220 ad Sanctum Petrum in der Owe genannt wurde sie Namensgeber für den Ort. Otto IV. von Lengenbach ließ Burg und Siedlung planmäßig ausbauen. Zu welchem Zeitpunkt St. Peter das Marktrecht erhielt, lässt sich urkundlich nicht eindeutig festmachen: Im Testament Ottos IV. aus dem Jahre 1217, das er vor seiner Teilnahme am Kreuzzug abfasste, wird bereits ein Richter angeführt – ein Amt, das es nur in einer Stadt oder einem Markt gab. Mit diesem Testament vermachte er sein Gut zu St. Peter an der Au dem Stift Admont; nach seinem Tod 1236 riss allerdings der Babenberger Herzog Friedrich II. den Besitz an sich. Erst König Rudolf I. bestätigte 1277 die Schenkung, wenn auch nicht zur Gänze. 1298 wurde Burg und Herrschaft an das Bistum Freising verpfändet. Nach der Rückgabe 1330 blieb die Herrschaft landesfürstlich und wurde immer wieder als Pfandherrschaft ergeben. 

St. Peter hatte seit alters her das Recht, vier Jahrmärkte abzuhalten. Kaiser Friedrich III. erteilte 1447 den Einwohnern von St. Peter das Privileg, alle Kaufwaren (besonders Tücher und Leinen) in seinem Fürstentum zu handeln und für die Versorgung des Innerberger Eisenbezirkes anzukaufen. Während der Eroberung des Herzogtums unter der Enns durch Matthias Corvinus kam es zu Plünderungen und Brandstiftungen. Unter Kaiser Maximilian II. bekam der Markt St. Peter in der Au ein Marktwappen verliehen. Die Originalurkunde vom 4. September 1574 ging während eines Brandes verloren. Die Eintragung in den Reichsregisterbüchern Maximilian II. überliefert die ursprüngliche Beschreibung: Ein ganz Rotter- oder Rubinfarber Schildt, in demselben aufrecht und die Federn hinderwerts kheert ein Weisser- oder Silberfarber Schlissel, welches Hefft oder Handthab vieregget unnd in jedem Eckhl ein Khoepflein erscheinendt. Der Schlüssel im Wappen verweist auf den Kirchenpatron, den hl. Petrus, dessen Attribut die Schlüssel sind.

Schon im 14. Jahrhundert war die Gegend um St. Peter ein Zentrum von Häretikern: Die Waldenser betrieben in St. Peter eine Schule und verbreiteten ihre Lehre in Predigten. 1397 wurden etwa hundert Waldenser als Häretiker in Steyr hingerichtet. In der Reformationszeit schloss sich die Mehrheit der Bürger und Bauern dem Protestantismus an, der Schlossherr nahm den Prediger Hieronimus Rohrer in seinen Dienst. Radikale Wiedertäufer traten in St. Peter bzw. Maria Neustift auf. Erst 1628 nahm die katholische Kirche wieder Besitz von der Kirche St. Peter.

Seit 1564 besaß die Familie Seemann von Mangern Herrschaft und Schloss als Pfandschaft. Schon unter dem Vorbesitzer Bartlmä Haunold hatte der Umbau zum Renaissanceschloss begonnen. 1586 erwarb Wilhelm Seemann von Mangern von Kaiser Rudolf II. Schloss und Herrschaft St. Peter in der Au käuflich. Er bekam auch das Landgericht übertragen, das vormals die Burg Enns ausgeübt hatte. Das verstärkte noch den bereits schwelenden Konflikt mit den Untertanen. Dieser gipfelte in der Belagerung und Erstürmung des Schlosses im Bauernaufstand von 1596/97. Die Bauern unter der Führung Michael Peers belagerten fünf Tage lang die Burg, drangen schließlich in diese ein und setzten den Schlossherrn gefangen. Nach der Niederschlagung der Revolte wurden die Anführer der Aufständischen festgenommen und zum Tode verurteilt. Bis 1848 mussten die Bauern jährlich vor dem Schloss Abbitte leisten.   

Im habsburgischen Erbfolgekrieg (1741) sowie unter Napoleons Armee (1800, 1805, 1809) hatten die Einwohner unter Einquartierungen, Plünderungen, aber auch den verhängten Futter- und Proviantlieferungen schwer zu leiden.

Schweickhardt in seiner Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens beschreibt den Markt St. Peter um 1835 als Ort in einer wunderschönen Lage, von Wiesen und Auen romantisch umgeben. Im Markt selbst standen zu seiner Zeit 78 Häuser, in denen 113 Familien mit 232 männlichen, 299 weiblichen Personen und 52 schulfähigen Kindern lebten. Der Viehstand war relativ klein mit 37 Pferden, 119 Kühen und 250 Schweinen. Gut ausgestattet war der Markt mit Gewerben: 1 Chirurg, 1 Eisenhändler, 3 Krämer, 1 Victualienhändler, 1 Eisenhandlung, 1 Lebzelter, 13 Wirthe, 5 Bäcker, 3 Fleischhauer, 1 Seifensieder, 2 Lederer, 1 Weißgärber, 1 Kürschner, 1 Hutmacher, 1 Tischler, 1 Glaser, 1 Drechsler, 1 Wagner, 1 Zimmermeister, 1 Maurermeister, 1 Schlosser, 3 Hufschmiede, 1 Kupferschmied, 1 Nadler, 1 Uhrmacher, 1 Sattler, 1 Hafner, 1 Färber, 3 Binder, 1 Buchbinder, 6 Schuhmacher und 3 Schneider. Das reiche Spektrum an Handwerken resultiert aus der Lage des Marktes an der wichtigen Commerzialstraße nach Steyr. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftsfaktor waren die vier Jahrmärkte am 8. Februar, 1. März, 22. Juli und 25. November. 1842 wurde in St. Peter eine Relaisstation für die Postkutschen-Linie Amstetten-Steyr eingerichtet. Mit Inbetriebnahme der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn 1858 wurde der Bahnhof zu einem wichtigen Umschlagplatz für Güter nach Steyr, Bad Hall bis ins Selzthal. Diese Funktion verlor er zehn Jahre später mit der Errichtung der Bahnlinie St. Valentin-Steyr-Selzthal.

Da die aufgrund des provisorischen Gemeindegesetzes von 1849 geschaffenen Gemeinden in etwa den bestehenden Pfarrstrukturen folgen sollten, umfasste die Gemeinde St. Peter in der Au zunächst auch Dorf St. Peter in der Au. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk St. Peter in der Au eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde am 1. Juli 2002 aufgelöst und auf die Gerichtsbezirke Amstetten, Haag und Waidhofen an der Ybbs aufgeteilt. Ab 1. Jänner 1867 wurden Markt und Dorf wieder getrennt. Auslösender Moment waren Streitigkeiten zwischen den Marktbürgern und den Bauern des Dorfes. Dorf St. Peter ja immer schon der größere Ort gewesen, was die Anzahl der Häuser und BewohnerInnen betraf. So zählte die Rotte, wie Schweickhardt die Siedlung noch nennt, um 1835 bereits 181 Häuser mit 257 Familien (553 männliche, 603 weibliche Personen und 62 Schulkinder). Nach dem Ersten Weltkrieg formierte sich aus Gebieten von Dorf St. Peter in der Au, St. Michael am Bruckbach und Konradsheim die Gemeinde Ertl. 1930 wurde die Pfarre Ertl geschaffen.

Während der NS-Zeit waren ab Juli 1944 ungarische Juden in St. Peter in der Au als Zwangsarbeiter eingesetzt. Sie sollte das zerstörte Wehr der Url bei der Bogenmühle wieder herstellen, das ein Hochwasser 1940 zerstört hatte. Die 23 Personen waren in Räumlichkeiten der Mühle untergebracht. Mitte April 1945 langte der Befehl zur Erschießung der Juden ein, da der ursprünglich geplante Abtransport nach Mauthausen nicht mehr möglich war. Die Besitzer der Mühle, die Familie Schmid, versteckten sie daraufhin in einem Erdkeller, den sie schon zuvor dafür angelegt hatten. Die Juden harrten dort bis zum Eintreffen der alliierten Truppen aus: Am 7. Mai 1945 kamen die ersten Soldaten der US-Streitkräfte, zwei Tage später rollten Sowjet-Panzer durch den Ort. 

Am 24. Oktober 1947 ereignete sich am Bauernhof Pernleiten in Dorf St. Peter der größte bis heute ungeklärte Massenmord im Nachkriegsösterreich: Elf Menschen, darunter sechs Kinder, fielen ihm zum Opfer.

Die 1965 beschlossenen Gesetze zur Verbesserung der Kommunalstruktur in Niederösterreich führten zunächst zur Wiedervereinigung von Markt und Dorf, die 1966 in Kraft trat. Vorausgegangen war dem eine Volksbefragung in Dorf St. Peter, bei der sich rund 62 % für eine Wiedervereinigung aussprachen. Fünf Jahre später kam es zur Bildung der Großgemeinde St. Peter in der Au: Ab 1. Jänner 1971 gehörten zu St. Peter an der Au nun auch als Katastralgemeinden Kürnberg, St. Johann in Engstetten, St. Michael am Bruckbach und Hohenreith.

Gemeinsam mit Waidhofen an der Ybbs erhielt St. Peter in der Au den Zuschlag für die Durchführung der Niederösterreichischen Landesausstellung 2007. Für diesen Zweck wurde das Schloss durchgreifend restauriert und für eine spätere kulturelle Nutzung adaptiert. In die Räumlichkeiten des Erdgeschosses zog 2008 das Gemeindeamt ein.