Stiefern


Gemeinde Schönberg am Kamp

Ortsgeschichte

Das im Zentrum des Kulturparks Kamptal gelegene Dorf Stiefern feierte im Jahr 2003 sein 1100-Jahr-Jubiläum. Die erstmalige Erwähnung von Stiefern 902 oder 903 (Stiuen, Stiuinc, latinisiert Stiuinna) ist die früheste Ortsnennung im Waldviertel. Damals kam es hier zu einer prominenten Begegnung: Ein hochgeachteter, wohl slawischer Machthaber namens Joseph traf Bischof Waldo von Freising, um ihm Güter am Stiefernbach zu schenken. Zur Besitzeinweisung umritten sie gemeinsam mit ihrem Gefolge feierlich das Gebiet. Zeugen der Schenkung waren - den Namen nach - Bayern und Slawen, wobei die Baiern zur Erinnerung an die Rechtshandlung nach bairischem Recht „an den Ohren gezogen" wurden. Die Schenkungsnotiz ist abschriftlich in einer Freisinger Handschrift  aus dem frühen 11. Jahrhundert überliefert (Codex commutationum Egilberti, Handschrift HL Freising 3b, Bl. 108v-109r).

Im frühen 12. Jahrhundert war Stiefern namengebender Sitz eines babenbergischen Ministerialengeschlechts, das mit Odalricus de Situene 1120/11 erstmals genannt wird. Die Familie hatte umfangreichen Besitz und stellte bedeutende Funktions- und Lehensträger der Landesfürsten. Die nur mehr in Resten erhaltene Burg, deren Bauteile teilweise in den Häusern Kirchenplatz 4, 5 und 6 verbaut sind, bildete mit der benachbarten Kirche eine so genannte „Burg-Kirchen-Anlage", die ein regional bedeutendes Beispiel eines frühen Sitzes einer führenden Adelsfamilie ist. Die Herren von Stiefern sind nur bis ca. 1160 sicher feststellbar, spätere Nennungen bis ca. 1233 sind nicht eindeutig zuweisbar und können sich auch auf eine Zweiglinie der Familie oder auf Gefolgsleute beziehen. Ihnen folgten vermutlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Herren von Plank. 1352 gelangten Burg und Herrschaft schließlich über Kauf an die Herren von Maissau, die 1399 die Herrschaft der Kartause Aggsbach überließen. Bis 1782 gehörte daher der größte Teil von Stiefern gemeinsam mit dem Nachbarort Thürneustift zur Grundherrschaft der Kartause. Die Burg dürfte in jener Zeit aufgegeben worden sein.

Die von mächtigen mittelalterlichen Wehrmauern umgebene Kirche St. Johannes der Täufer ist seit 1266 Pfarrkirche. Der älteste nachweisbare Pfarrhof stand unterhalb der Burg und wurde im 14. Jahrhundert an den heutigen Standort verlegt. Die Pfarre unterstand seit 1390 dem Stift Altenburg, dem die Maissauer das Patronat im Tausch gegen die Pfarre Horn überlassen hatten, und wurde 1783 der neuen Pfarre Unterplank (heute Plank am Kamp) zugeteilt. Die spätgotische Pfarrkirche wurde 1660/16 von Bartholomäus Lukas umgebaut und besitzt ein Hochaltarbild des Kremser Schmidt (1767).

Nach der Aufhebung der Kartause Aggsbach 1782 kauften sich die Orte Stiefern und Thürneustift aus der Grunduntertänigkeit frei und wurden 1790/17 zu freien Gemeinden. Etwa von dieser Zeit an entwickelte sich das Dorf zum Weinort mit mehreren Kellergassen. Die älteste datierte Weinpresse stammt aus dem Jahr 1796. Gemeinsam mit dem Nachbarort Altenhof bildete Stiefern eine von der Sonne begünstigte Randlage des Weinbaugebiets Kamptal. Um 1900 wurde Stiefern auch vom Kamptaler Badetourismus erfasst und zu einer beliebten Sommerfrische mit zahlreichen Villen. Heute ist der Ort vor allem Ziel der Rad-Touristen im Kulturpark Kamptal. Seit 1972 ist Stiefern Teil der Großgemeinde Schönberg.