Stockerau


Gemeinde Stockerau

Ortsgeschichte

Die Anfänge der Lenau-Stadt Stockerau, der größten Stadt des Weinviertels, reichen in das 11. Jahrhundert zurück. 1012 wird Stockerowe erstmals genannt, als in ihrer Nähe der hl. Koloman, ein irischer Pilger, als vermeintlich ungarischer Spion an einem Baum erhängt wurde. An der unweit der Stelle errichteten Kirche entstand eine Pfarre. Das Gebiet gehörte den Bischöfen von Regensburg, die es als Lehen an die Inhaber der Burg Kreuzenstein weitergaben. Im 13. Jahrhundert wurde Stockerau landesfürstlich und 1465 zum Markt erhoben, der 1514 von Maximilian I. ein Wappen und ein Siegel erhielt.

Seit dem 14. Jahrhundert bestand zwischen Stockerau und Korneuburg eine Rivalität um den Handel an der Donau und in das Weinviertel. 1327 hatten beide Orte bedeutende Handelsprivilegien erhalten, doch wurde das Stockerauer Niederlagsprivileg für Wein, Holz und Getreide wieder annulliert. Korneuburg konnte daher in der Folgezeit den gesamten Handel auf dem linken Donauufer zwischen Krems und Wien an sich ziehen. Trotz mehrmaliger Belagerungen und Zerstörungen im 15. Jahrhundert durch Hussiten, böhmische sowie ungarische Truppen konnte sich Stockerau ab dem 16. Jahrhundert als attraktiverer Handelsplatz für das Weinviertel positionieren, während die alte „Rivalin" durch die Versandung eines Donauarms und den Bau der Donaubrücke bei Wien (1439) langfristig wirtschaftliche Einbußen erlitt. Im 17. Jahrhundert gewann Stockerau den Konkurrenzkampf als Marktort, konnte sich 1749 freikaufen und war nun selbst Herrschaft. Aus dem günstig gelegenen Handelsplatz wurde ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein bedeutender Industrieort. Der Aufschwung begann mit Textilfabriken, dazu kamen im 19. Jahrhundert chemische Fabriken (Stearin, Kerzen, chemische Färberei), Nahrungsmittelerzeugung (Essig, Sodawasser) und Maschinenfabriken.

Ausdruck des Selbstbewusstseins des aufstrebenden Marktes in der Neuzeit ist das 1738 zum Rathaus umgebaute Schloss Puchheim, das eine prächtige barocke Fassade erhielt und in dem auch die Magazine für den wirtschaftlich bedeutenden Salzhandel untergebracht waren. Im 18. Jahrhundert erhielt die Stadtpfarrkirche ihren 88 Meter hohen Turm (1722-1725). Nach Abbruch des gotischen Langhauses 1777/1778 wurde sie von Peter Mollner als spätbarocke-frühklassizistische Saalkirche neu erbaut. Etwa zur selben Zeit schuf der Bildhauer Bernhard Schilcher die monumentale, platzbeherrschende Pietà-Gruppe (1762). Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Stockerau eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde mit 1. Jänner 2013 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Korneuburg zugewiesen. 1893 wurde Stockerau zur Stadt erhoben und ist heute Industrie-, Verkehrs- und Schulstandort des Bezirks sowie mit den alljährlichen Sommerfestspielen Teil der vielfältigen Kulturszene Niederösterreichs.

Mit Stockerau sehr eng verbunden war der Dichter Nikolaus Lenau, der hier nach dem Tod seines Vaters bei den Großeltern aufwuchs und sich auch später öfter bei ihnen aufhielt. Seine berühmten „Schilflieder" entstanden im Ambiente der Donauauen. An ihn erinnert ein Gedenkstein und der 1962 von der Stadt gestiftete Lenaupreis.