Ybbsitz


Gemeinde Ybbsitz

Ortsgeschichte

Die Geschichte des Marktes Ybbsitz ist untrennbar mit der jahrhundertealten Tradition des Schmiedewesens verbunden, dem der Ort einst den schmückenden Beinamen „uralte kaiserliche Werkstätte" verdankte.  Bis heute ist Ybbsitz ein Zentrum der Metallbearbeitung im Kulturpark Eisenstraße.

Die Anfänge des Ortes reichen in das 12. Jahrhundert zurück. 1184/1185 schenkte Erzbischof Wichmann von Magdeburg als Letzter der Grafen von Gleiß, zu deren Familienbesitz die Ybbsitzer Gegend gehörte, dem Stift Seitenstetten das Waldgebiet um Ybbsitz und das Gebiet zwischen Arzbach und Urnbach. Seither gehörten der sich dort entwickelnde Ort und die Kirche, die schon 1186 bestand, zum Stift Seitenstetten.

Ab etwa 1400 erlebte Ybbsitz bedeutenden Aufschwung durch das aufblühende Schmiedehandwerk, das die Nähe des steirischen Erzbergs, die Wasserkraft des Prollingbachs und der Ois sowie den Holzreichtum der Wälder nutzte. 1437 erhielten die Schmiede von Herzog Albrecht V. die Erlaubnis, das Eisen aus den landesfürstlichen Lagern in Eisenerz zu beziehen. Der Ort besaß im 15. Jahrhundert ein Bürgerspital und eine Schule und stellte mit den Ybbsitzer Pfarrern Christian Kolb, Paul Pymisser und Kilian Heumader drei Äbte des Stiftes Seitenstetten. Eine Folge des Aufschwungs war die Markterhebung im Jahr 1480, die Abt Kilian Heumader von Kaiser Friedrich III. erwirkte. Ybbsitz erhielt einen Wochenmarkt und drei Jahre später einen großen Jahrmarkt. 1494 gab Abt Kilian den Schmieden eine Zunftordnung.

Zeichen des Selbstbewusstseins und der Wohlhabenheit der Bürger wurde die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaute spätgotische Hallenkirche. Durch Abtrennung vom Landgericht Seisenegg wurde Ybbsitz 1511 schließlich ein eigenes Landgericht, was die Bedeutung des Ortes weiter steigerte. Schwere Schäden richtete 1532 eine osmanische Streifschar an, die Kirche, Pfarrhof und 80 Häuser niederbrannte. Im Jahr 1683 blieb Ybbsitz aber, wie auch Seitenstetten, von den Osmanen verschont.

Das Schmiedehandwerk expandierte auch im 16. und 17. Jahrhundert. 1640 gab es 72 privilegierte Schmiedemeister, die sich auf 14 spezialisierte Handwerke verteilten und nach Nord- und Osteuropa, Venedig und in den Vorderen Orient exportierten. Noch 1808 arbeiteten in 20 Hämmern 63 Schmiede. Vom Wohlstand des 17. und 18. Jahrhunderts zeugen die erhaltenen Bürgerhäuser mit schmiedeeisernen Fensterkörben und Malereien. 1740 erbaute das Stift das erkergeschmückte Amtshaus am Marktplatz und 1778 bis 1780 den heutigen Pfarrhof. 1784 erhielt die Pfarrkirche den Marmorhochaltar der aufgehobenen Kartause Gaming.

Das 19. Jahrhundert sollte die größten Veränderungen in der Geschichte der Marktes bringen. Es begann mit den Plünderungen durch die Franzosen in den Jahren 1801, 1805 und 1809. 1827 vernichtete ein verheerender Brand 20 Häuser. Infolge der Industrialisierung verfiel die Kleineisenindustrie, die der Konkurrenz der Fabriken nicht gewachsen war. Zahlreiche Hammerwerke wurden in der zweiten Jahrhunderthälfte stillgelegt. Durch die mit öffentlicher Unterstützung errichtete Rohstoff-, Werks- und Verkaufsgenossenschaft konnten sich einige Schmiedemeister halten, manche sogar bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.

Nach der Aufhebung der Grundherrschaft wurde Ybbsitz 1850 autonome Marktgemeinde, die Pfarre verblieb aber weiterhin beim Stift Seitenstetten. Ende des Jahrhunderts ermöglichte der Bau der Bahn von Gstadt nach Ybbsitz den Anschluss an das Verkehrsnetz (1899) und die Versorgung mit Strom durch das gemeindeeigene Elektrizitätswerk in der Noth, das 1900 seinen Betrieb aufnahm.

In jüngster Zeit konnte sich Ybbsitz durch verstärkte Wiederbelebung der alten Schmiedetradition einen Namen als lebendige, innovative Metallwerkstätte machen. Als Sitz des derzeit neun Gemeinden umfassenden „Rings der europäischen Schmiedestädte" gelang es Ybbsitz, sich auch europaweit als Kompetenzzentrum der Metallbearbeitung zu positionieren.