Ortsgeschichte
Nagelsbergs Bedeutung ist engstens mit der Glaserzeugung und Glasveredelung verbunden, die sich im 18. Jahrhundert hier entwickelte. Das riesige Waldgebiet rund um Heidenreichstein bot die besten Voraussetzungen für den Betrieb von Glashütten. Der Wald lieferte Brennstoff für den Hüttenbetrieb und die Herstellung der Pottasche sowie Quarz für die Sandaufbereitung.
Schon vor 1740 bestand in Alt-Nagelberg eine Glashütte, die Niklashütte, wie aus einem Vertrag des damaligen Besitzers Urban Ottilinger mit den Grafen Palffy, Inhaber der Herrschaft Heidenreichstein, hervorgeht. Der Vertrag regelte ihren Betrieb; hergestellt wurde grünes und weißes Tafelglas, Hohl-, Schleif- und Kreideglas nach der "Böhmischen Zylinderschleifmethode". Seit 1811 wurde in Neu-Nagelberg eine neu errichtete Glashütte betrieben, der Ort wurde daher auch "Neuhütten" genannt. 1847 wurden beide Glashütten an den Glasfabrikanten Carl Stölzle verpachtet und in den 1850er Jahren an ihn verkauft.
Alt-Nagelberg war der Hauptsitz des Unternehmens, das auch in Böhmen Glashütten betrieb. 1862 wurde der erste Gasgenerator in Betrieb genommen, 1871 die Glasraffinerie mit 130 Schleifwerkstätten eingerichtet, damals eine der größten der Monarchie. Durch den Bau der Kaiser-Franz-Josefs-Bahn 1867 bis 1874 konnten die Rohstoffe billiger und die Fertigprodukte schneller, kostengünstiger und bruchsicherer transportiert werden. Produziert wurden Haushalts- und Gewerbeglas, geschliffene, gravierte und bemalte Pokale, Uhrgläser und Parfumflakons. Alt- und Neu-Nagelberg bildeten auch nach der Umwandlung des Familienunternehmens in eine Aktiengesellschaft (1899) das Kernstück und Verwaltungszentrum des Firmenimperiums mit über 2000 Beschäftigten und Standorten in ganz Europa und in New York. Bereits 1912 hatten beide Fabriksorte elektrische Straßenbeleuchtung und die erste Telefonleitung in Niederösterreich.
Bis heute ist Nagelberg für seine Glaskunst berühmt. Nach alter Tradition werden hier Trinkgläser, Geschenkartikel und Gebrauchsgegenstände mundgeblasen und von Hand gearbeitet. Glasmuseen und Glasbläsereien des Glaskunstdorfs geben Einblick in die jahrhundertealte Tradition der Glaserzeugung und bieten die Möglichkeit, den Herstellungsprozess vom Schmelzofen bis zum kunsthandwerklichen Endprodukt mitzuerleben. Eine in Österreich einzigartige Besonderheit sind die gläsernen Ortstafeln in der Marktgemeinde Brand-Nagelberg, zu der die Ortschaften Alt-Nagelberg, Brand, Finsternis, Neu-Nagelberg und Steinbach gehören.