Die "Schubertianer" in Schloss Atzenbrugg
Mehrmals weilte Franz Schubert mit seinen Freunden im Schloss Atzenbrugg, das damals im Besitz des Stiftes Klosterneuburg war. Der Verwalter des Gutes, Joseph Derffel, war ein Onkel des mit Schubert befreundeten Franz von Schober, der seit 1817 dem Bekanntenkreis seines Neffen im Sommer Gastfreundschaft bot. Für die Jahre 1817 bis 1822 sind die Namen der in Atzenbrugg weilenden Runde erhalten, erstmals wird Schuberts Name 1820 genannt, und seine Anwesenheit ist bis 1823 gesichert.
Bei den ausgedehnten, meist drei Tage dauernden Festen wurde gespielt, getanzt und gesungen. Oft trug der Sängerfreund Johann Michael Vogl hier Lieder von Schubert zum ersten Mal vor. Zu den Anwesenden gehörten neben Schubert und seinen engsten Freunden Johann Mayrhofer und Schober auch der Dichter Eduard von Bauernfeld, der Komponist Ignaz Aßmayer und die Maler Moritz von Schwind, Johann Kriehuber sowie Leopold Kupelwieser.
Über die sehr popular gewordenen Aufenthalte der "Schubertianer" in Atzenbrugg ist allerdings nur wenig bekannt. Die einzigen Zeugnisse sind die Namenslisten, eine aquarellierte Radierung von Ludwig Mohn mit der Darstellung der Freunde beim Ballspiel vor dem Schloss, das Aquarell Leopold Kupelwiesers "Landpartie der Schubertianer nach Atzenbrugg" und Schuberts "Atzenbrugger Deutsche". Ein weiteres Erinnerungsstück an das musikalisch-gesellige Leben in Atzenbrugg ist ein nachweislich aus Atzenbrugg stammendes Klavier eines Wiener Instrumentenbauers aus Schuberts Zeit, das die Stadt St. Pölten 1975 erwarb und sich heute im Stadtmuseum befindet. Auf diesem Klavier soll Franz Schubert die "Atzenbrugger Deutsche" komponiert haben.
(Quelle: Landeschronik Niederösterreich, 2. Aufl. 1994, S. 282)