Ortsgeschichte
Südlich von Wiener Neustadt am Rand des Steinfeldes liegt der Markt Bad Erlach, eine der 23 Gemeinden in der Region Bucklige Welt. Durchflossen wird er von der Pitten, deren Quellen im Wechselgebiet entspringen. Nördlich des Ortes vereint sich die Pitten mit der von Südwesten kommenden Schwarza zur Leitha.
Erste Erwähnungen der Ansiedlung als Erlaha erfolgten in Urkunden des 11. und 12. Jahrhunderts. Die hier ansässigen Kleinadeligen waren zunächst Ministeriale (Gefolgsleute) der Grafen von Formbach(-Pitten). Der letzte männliche Formbacher starb 1158. Vor 1394 gelangte die Herrschaft Krumbach, zu der auch Erlach gehörte, dann im Erbwege in den Besitz der Puchheimer. Die Grenzlage an einer wichtigen Verbindungsstraße führte immer wieder zu kriegerischen Einfällen: 1408 brandschatzte Ritter Hans Laun von Rott den Ort; 1464 verwüstete der Söldnerführer Georg von Vöttau die Gegend. Im Jahr 1480 erließ Balthasar von Puchheim für die Gemain ein Banntaiding (Dorfrecht), das das Zusammenleben der bäuerlichen Untertanen regelte. Zwei Jahre später zogen die Truppen Matthias Corvinus im Ort ein, um die Belagerung der Burg Pitten vorzubereiten, und blieben zwei Jahre.
In der Folge hatte die Bevölkerung unter den Einfällen der Osmanen zu leiden: 1529 bis 1532 sowie 1683 waren Plünderungen und Verschleppungen an der Tagesordnung. War auch die Landwirtschaft zu dieser Zeit der wichtigste Wirtschaftszweig, so begann man zu dieser Zeit auch bereits mit der Produktion von Ziegeln in den Brandstätten an den Hängen des Hochfeldes. Im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts stritten sich die Töchter des bisherigen Herrschaftsinhabers Hanns Rudolph Graf von Puchheim und der Inhaber der Puchheimschen Fidei-Commissgüter Niclas Graf Pálffy-Erdöd um die Güter in Erlach. Schließlich erhielt Graf Palffy-Erdöd die Güter durch den Landmarschall zugesprochen. Im 18. Jahrhundert verzeichnete der Ort einen Aufschwung: die Zahl der Häuser verdoppelte sich: Im Jahre 1753 wurden 21 Häuser erhoben, 1795 bereits 40 Häuser. Die Ortsobrigkeit zu dieser Zeit übte die Herrschaft Saubersdorf aus.
Infolge der Reformen Kaiser Josephs II., die auch eine bürgerliche Gleichstellung der Juden brachten, ließen sich nach 1800 jüdische Kaufleute und Händler in Erlach nieder. Sie stammten aus Kobersdorf, das damals zum Königreich Ungarn gehörte. Für die jüdische Gemeinde wurde 1870 im Haus Nr. 69 (heute Hauptstraße Nr. 5) eine Synagoge eingerichtet. Erlach wurde so für die Region zum Zentrum des Kultuslebens. 1938 wurde ihr Besitz „arisiert“. Die Spinnfabrik und die Reißerei erhielten einen „kommisarischen“ Leiter. Die Synagoge wurde zuerst als Lager für polnishe Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter genutzt; ab 1942 wurden dort serbische und ukrainische Gefangene einquartiert. 1974 wurde die Synagoge bedauerlicher Weise abgerissen.
Im frühen 19. Jahrhundert setzte das Industriezeitalter auch in Erlach ein und schuf neue Erwerbsmöglichkeiten: 1800 wurde ein Kalkwerk errichtet und 1850 die „K.k. priv. Erlacher Baumwoll Spinn und Mechanische Webe Fabrik“, deren Stammwerk in Červený Kostelec (Böhmen) stand. Der Besitzer war Leopold Abeles. Tschechische Facharbeiter zogen zu, die bald ein Viertel der Einwohner ausmachten. Für die Arbeiterkinder wurde 1865 eine eigene Schule errichtet, die zwanzig Jahre in Betrieb war. Die anderen Kinder mussten die Volksschule in Pitten bzw. Walpersbach besuchen. Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Wien-Aspang 1881 und deren Haltstelle Brunn bei Pitten wurde Erlach an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Somit konnte auch der Bahnpostdienst vom bereits 1868 errichteten Postamt aufgenommen werden. 1888 wurde der Telegrafen- und 1905 der Telefondienst eingeführt. 1880 begann Georg Kattinger mit dem Bau von drei Ringöfen für die industrielle Ziegelherstellung. Der Tonbedarf wurde aus eigenen Gruben vor Ort gedeckt. Ein weiterer bodenständiger Industriezweig war die Kalkbrennerei. Um 1890 wurde vermutlich im Auftrag der Brüder Kattringer ein Kalkofen – die sog. Erlacher Kalkburg – errichtet. Die Kunden kamen aus dem Wiener Becken, dem Wechselgebiet, der Buckligen Welt, dem Schwarzatal und sogar aus dem Burgenland. Bereits 1911 wurde von der Gemeinde mit Unterstützung der Spinnerei und Weberei ein Kindergarten errichtet, der von den Ehrwürdigen Schulschwestern geführt wurde.
Die allgemeine wirtschaftliche Rezession sowie geänderte Produktionsbedingungen forderten im 20. Jahrhundert ihren Tribut: Die Textilfabrik schloss bereits 1930 ihre Pforten; der Kalkofen erlosch 1955; die Wollwarenfabrik stellte in den 60er Jahren ihre Produktion ein. Arbeitssuchende mussten nun auspendeln.
Erlach gehörte zunächst zur Pfarre Pitten. Seit dem Mittelalter bestand die Ulrichskirche westlich des Ortes auf dem Bischofskogel gelegen. Grabungen ergaben, dass der Bau im Bereich eines römischen Gebäudes entstand. Der im Kern mittelalterliche Bau mit barockem Langhaus erlitt im Zweiten Weltkrieg so wie der Ort schwere Schäden. Er wurde 1955 wieder errichtet. Aus der Ulrichskirche stammt die sog. Erlacher Madonna. Sie ist eine der seltenen Mariendarstellungen, bei denen Maria das Kind auf dem rechten Arm trägt. Die zwischen 1320 und 1330 entstandene Holzskulptur wurde 1939 vom Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseum in Wien angekauft. Die an der Durchzugsstraße gelegene heutige Pfarrkirche, dem hl. Antonius von Padua geweiht, wurde 1933 nach Plänen von Karl Holey errichtet. Ihre Vorgängerbauten waren eine Ortskapelle von 1646, die 1974 abgetragen wurde, sowie eine 1929–33 errichtete Notkirche. 1991 wurde Erlach selbständige Pfarre und ist dem Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg in Oberösterreich inkorporiert.
Während des Zweiten Weltkriegs erlitt der Ort schwere Schäden. Am 31. März 1945 eroberten Truppen der Roten Armee Erlach. Die während der Abwehrkämpfe im Gemeindegebiet gefallenen Soldaten wurden zunächst in Notgräbern bestattet. Noch im selben Jahr begann man mit der Errichtung des Erlacher Waldfriedhofes rund um die Ulrichskirche. Dort fanden sie dann ihre letzte Ruhestätte. Am 29. Juni 1995 wurde im Niederösterreichischen Landtag einstimmig beschlossen, Erlach zum Markt zu erheben. Die Feier fand am 15. September 1996 statt. Mit Bescheid vom 16. April 1996 wurde dem Markt ein Wappen verliehen: In blauem Schild, aus goldenem Dreiberg hervorragend, ein halbes goldenes Rad, daraus wachsend ein silberner Mann, in seiner Rechten einen silbernen Stab mit einem Ulrichskreuz haltend, den linken Arm in die Seite gestemmt. Dreiberg und Rad wurden aus dem Familienwappen der Fürsten Palffy von Erdöd übernommen, zu deren Grundbesitz das Dorf Erlach einst gehörte. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Gelb-Blau-Weiß wurden genehmigt.
Bei Bohrungen 2004 stieß man auf eine Thermalquelle: Nachdem 2007 das Thermalwasser durch ein balneologisches Gutachten als „Heilquelle Linsberg“ anerkannt wurde, begann man mit dem Bau der Therme. Im selben Jahr erfolgte die Umbenennung der Marktgemeinde Erlach in Bad Erlach. Im August 2008 konnte die Therme Linsberg Asia ihren Betrieb aufnehmen. Zum Gemeindeverband gehören heute die drei Katastralgemeinden Bad Erlach, Brunn bei Pitten und Linsberg. Zur Ortschaft Bad Erlach gehören auch die Rotten Vorderbrühl und Ziegelöfen.