Ortsgeschichte
Südlich von Weitra unweit der tschechischen Grenze liegt Bad Großpertholz an einer mittelalterlichen Fernstraße, die von Zwettl nach Freistadt in Oberösterreich führte. Zu den Katastralgemeinden zählen Abschlag, Angelbach, Großpertholz, Karlstift, Mühlbach, Reichenau am Freiwald, Seifritz, Steinbach, Watzmanns, Weikertschlag.
Mitte des 12. Jahrhunderts wurde der Ort durch den Ministerialen Berthold von Stiefern gegründet; das unwegsame Waldgebiet hatte sein Vater Ulrich als Königsschenkung zur Urbarmachung erhalten. Hier entstand nun ein kleiner mittelalterlicher Zentralort mit Pfarre, Markt, Verwaltungs- und Gerichtssitz. Im Osten des Ortes stand das „Feste Haus“, das dem jeweiligen Lehensritter als Wohnsitz diente. Nachdem die Arnsteiner, Verwandte der Kuenringer, im 13. Jahrhundert ausgestorben waren, gelangte Großpertholz in den Besitz der ritterlichen Familie Stuchs von Trauttmannsdorff. Mit Mert der Stuchs wurde das Gut zu dem Perchtolts 1351 auch erstmals urkundlich genannt. 1351–1556 war der adelige Freihof im Besitz der Herren von Dachsberg. Die Besitzer wechselten in der Folge häufig. 1598 verkaufte die Herrschaft Rappottenstein das Amt mit dem Freihof an Siegmund Petschacher, dem Besitzer des nahen Wasserhofes zu Steinbach an der Lainsitz. Der Dreißigjährige Krieg dezimierte die Bevölkerungszahl stark und die Not veranlasste Mühlviertler Bauernfamilien ins Gemeindegebiet einzuwandern.
1653 erwarb Joachim Graf Windhag, einer der führenden Männer der Gegenreformation, das „Edelmannsgut“. Er baute den alten Freihof zu einem vierkantigen Schloss um. Ferner ließ er ein Brauhaus errichten und stiftete die Schlosskapelle zu Ehren des Hl. Sebastian. Nach seinem Tod ging der Besitz zuerst an seine Witwe, dann an die mit ihr verschwägerten Grafen Lamberg und 1685 an die Familie von Hackelberg zu Arbesbach über. Karl Freiherr von Hackelberg erhielt 1708 die Erlaubnis, den Namen und das Wappen des ausgestorbenen Geschlechts Landau mit seinem zu vereinigen.
Die Ursprünge der Pfarre zum hl. Bartholomäus liegen im Dunkeln. 1358 wird erstmals ein Pfarrer urkundlich genannt. Die barocke Kirche geht auf einen romanischen Vorgängerbau aus der Zeit um 1200 zurück. Dessen Oratorium bildet heute die südlich des Chores gelegene Thomaskapelle. Die Pfarre unterstand dem Patronat des Pfarrers von Großgerungs. In der Reformationszeit wurde die Pfarre aufgehoben, da fast alle Einwohner Protestanten waren. Erst 1656 bestellte Graf Windhag wieder einen katholischen Seelsorger. Die Ausstattung der Pfarre mit einem ständigen Vikariat erfolgte 1667. 1690 fand die förmliche Erhebung zur Pfarre statt; ihr Patronat wurde der Herrschaft unterstellt.
Der erste Schulmeister der Pfarrschule wird für das Jahr 1655 verzeichnet. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es schon Bader und Wundärzte. Die Glashütten in der Umgebung sorgten mit ihren Produkten für eine zunehmende Bedeutung des Ortes als Handelsplatz. 1789 gründete der aus der Oberpfalz stammende Johann Martin Egidius Wurz eine Papiermühle an der Lainsitz, deren technische Ausstattung laufend verbessert wurde. Die Wurzmühle erzeugt bis heute in der altbewährten Technik des Papierschöpfens hochwertige Aquarell-, Brief- und Filterpapiere.
In den Koalitionskriegen hatte auch Großpertholz unter den wirtschaftlichen Belastungen zu leiden, die die Einquartierung französischer Truppen 1809 mit sich brachte. 1866 kam es zu einem Brand, dem vier Häuser und der Kirchturm mit seinen Glocken zum Opfer fielen. Einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte der Ort durch die Hausweberei und die Forstwirtschaft. 1902 wurde Großpertholz mit der Eröffnung des südlichen Astes an das Bahnnetz der Waldviertler Schmalspurbahnen angeschlossen. Es bestand nun eine Bahnverbindung mit Gmünd; im Jahr darauf wurde der Streckenabschnitt nach Groß Gerungs fertiggestellt. Die Randlage des Gebietes durch die Grenzverschiebungen nach dem Ersten Weltkrieg und durch die Errichtung des Eisernen Vorhangs nach dem Zweiten Weltkrieg führte zu einem kontinuierlichen Schrumpfen des Wirtschaftsaufkommens und einer damit verbundenen Abwanderung.
Eine Besserung setzte erst durch Entwicklung des Gesundheitstourismus ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg untersuchte man die Hochmoore des Waldviertels auf ihre medizinische Verwertbarkeit. Das Moor im Gemeindegebiet Reichenau wurde zum „Heilmoor“ erklärt. In der Folge wurde 1965 ein kleines Kurhaus mit Moorbad eröffnet. 1979 erwarb es die Gemeinde und baute es 1980/81 großzügig aus. 1983 wurde der Gemeinde der Namen „Bad Großpertholz“ verliehen. Ein weiteres Standbein im Tourismus bildet der 1979 eröffnete Naturpark „Nordwald“.