Bernhardsthal


Gemeinde Bernhardsthal

Ortsgeschichte

Die an der tschechischen Grenze liegende Weinviertler Marktgemeinde ist die nordöstlichste Gemeinde Österreichs. Sie besteht aus den 1971 zusammengelegten Katastralgemeinden Bernhardsthal, Katzelsdorf und Reintal.

Diese Weinviertler Gegend hat - wie Bodenfunde belegen - eine bis in die Jungsteinzeit und Bronzezeit zurückreichende Siedlungstradition. Aus der Hallstattzeit stammen drei Hügelgräber (Tumuli), die als die "Drei Berge" zu einem Wahrzeichen des Ortes wurden. Eine weitere historische Besonderheit ist das "Bernhardsthaler Bleikreuz" aus dem 9. Jahrhundert, eines der wenigen und daher sehr kostbaren Zeugnisse der frühmittelalterlichen Mission. Insgesamt wurden vier Kreuze dieser Art gefunden (je eines in Bernhardsthal und Gars am Kamp, zwei in Mähren), die alle aus einer Gussform hergestellt wurden und vermutlich Taufgeschenke derselben Missionaren waren. Die kleinen Kreuze belegen die Wege der bayerischen Missionare über das Wein- und Waldviertel in das mährische Reich.

1171 wird der vermutlich im 12. Jahrhundert gegründete Ort erstmals urkundlich genannt. In jüngster Zeit (2008) wurden bei Erneuerungsarbeiten des großen Landschaftsteichs die Reste einer aufgegebenen Dorfanlage (Wüstung) freigelegt, die möglicherweise die frühmittelalterliche Vorgängersiedlung des heutigen Ortes war.

Zur Zeit der Ersterwähnung war Bernhardsthal ein Lehen der Pernegger. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurden Burg und Ort landesfürstlich, 1370 erhielt Bernhardsthal das Marktrecht. Markttag war der Tag des hl. Sixtus, der 6. August. Die nicht mehr erhaltene mittelalterliche veste Pernhartztal, wie die Burg Mitte des 14. Jahrhunderts genannt wird (1354, 1364), wird nahe des südöstlichen Ortsausgangs lokalisiert. Sie wurde 1458 von dem böhmischen König Georg von Podiebrad erobert und schwer beschädigt. Die damaligen Besitzer, die Herren von Ruckendorf, errichteten das – ebenfalls nicht mehr erhaltene – neue Schloss und gaben die Burg auf. 1470 kauften die Liechtensteiner den Besitz, doch verfiel das Schloss bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts. Es wird im Bereich der Häuser Nr. 48–50 lokalisiert, der bis heute als "Schlossberg" bezeichnet wird.

Die erste Nachricht über einen Pfarrer in Bernhardsthal findet sich in einer Urkunde des Jahres 1253. Der älteste Teil der dem hl. Ägydius geweihten Kirche ist das romanische Langhaus mit Chorquadrat aus dem 12. Jahrhundert, das im 14. Jahrhundert um einen gotischen polygonalen Chorschluss erweitert wurde (um 1330). Nach einem Brand im Jahr 1684 wurde die Kirche barockisiert und das Langhaus eingewölbt; der Westturm wurde 1780 errichtet. Für den barocken Hochaltar (1761) schuf der Maler Ludwig Mayer, ein Schüler Leopold Kupelwiesers, 1856 das Altarbild des hl. Ägydius. Die Pfarrkirche war ursprünglich von einem Friedhof umgeben, dessen Mauern auch den benachbarten Pfarrhof umschlossen. Der Karner wurde um 1800 abgetragen.

Für das Jahr 1631 ist der erste Schulmeister belegt. Die Gemeindeschule war laut Josephinischer Fassion (Kataster) von 1787 im Haus Nr. 65 untergebracht. Das ebenerdige Schulhaus wurde 1836 aufgestockt. Den Unterhalt in Geld und Naturalien bestritten Herrschaft, Gemeinde und Eltern, die Schulgeld entrichten mussten. 

Um 1833 lebten hier laut Schweickhardt 237 Familien (531 männliche, 498 weibliche Personen und 192 schulfähige Kinder) in 164 Wohngebäuden. Der Viehstand belief sich auf 162 Pferden, 44 Ochsen, 256 Kühen, 332 Schafen und 191 Schweinen. Die bäuerliche Bevölkerung lebte vom Ackerbau; einige widmeten sich der Pferdezucht. Im Zuge des Ausbaus der Nordbahn fuhr am 6. Juni 1839 der erste Dampfwagen durch Bernhardsthal. Eine Personenhaltestelle erhielt der Ort allerdings erst 1872. 

1918 wurde Bernhardsthal Grenzort zur Tschechoslowakei. Eine für den Ort prägende Persönlichkeit war Pfarrer Karl Bock (1907-1938), auf dessen Wirken sowohl die Gründung des Klosters St. Martha als auch das Heimatmuseums zurückgeht. 1922 holte er die ersten Schwestern für die Mädchenerziehung nach Bernhardsthal, 1925/26 erfolgte die Errichtung der Lehr- und Erziehungsanstalt "St. Martha" der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul mit einem Kindergarten und einer Haushaltsschule. Heute beherbergt das Kloster den Landeskindergarten und ein Seniorenwohnheim. Die Sammlungen und frühgeschichtlichen Funde Karl Bocks – später von Otto Berger ergänzt und erweitert - bildeten auch eine der Grundlagen des 1977 eröffneten Otto Berger Heimatmuseums, das die geschichtliche Entwicklung des Ortes dokumentiert. Auf Basis der Niederösterreichischen Gesetze zur Gemeindestrukturverbesserung schloss sich mit 1. Jänner 1971 Bernhardsthal mit den Gemeinden Katzelsdorf und Reinthal zusammen. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1974 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Marktgemeinde ein Wappen: Ein von Rot auf Blau gespaltener Schild, der in seinem vorderen Feld über einer zinnenbekrönten, zwei schwarze Schießscharten aufweisenden, goldenen Mauer ein ebensolches schwebendes Tatzenkreuz, in seinem rückwärtigen Feld einen silbernen Zickzackbalken zeigt. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarbe Rot-Gelb-Blau wurden genehmigt.

Der 25 ha große Landschaftsteich in Bernhardsthal, auch "Oase des Weinviertels" genannt, ist die größte Wasserfläche des Weinviertels. Eine Besonderheit des Teichs ist die von Karl Ritter von Ghega 1839 errichtete Eisenbahnziegelbrücke der Kaiser Ferdinand-Nordbahn, die das älteste erhaltene Bahnbauwerk Österreichs ist.