Dreistetten (Burgruine Starhemberg)


Gemeinde Markt Piesting

Ortsgeschichte

Das zur Marktgemeinde Piesting gehörende Dorf Dreistetten entstand im Mittelalter aus einem Kirchweiler. Bereits im 12. Jahrhundert sind hier die Herren von Dreistetten urkundlich fassbar, deren Sitz allerdings bislang nicht lokalisiert werden konnte. Die im Kern gotische Pfarrkirche St. Georg (Pfarre um 1300) besteht aus einem schlichten Langhaus mit Rechteckchor und einem vorgestellten, ursprünglich barocken und 1860 umgebauten Westturm. Zu ihrer Ausstattung gehört eine bemerkenswerte mittelalterliche Holzstatue einer gekrönten Madonna mit Apfel (um 1500).

Nördlich des Ortes liegen die Ruinen der einst bedeutenden und weithin sichtbaren Burg Starhemberg - die Türme waren aus dem Raum Wiener Neustadt zu sehen -, die im 13. Jahrhundert kurzzeitig landesfürstliche Residenz und Schatzkammer war. Die gut befestigte Burg galt als uneinnehmbar und eignete sich daher für die Verwahrung des Babenberger Schatzes.

In ihren Anfängen gehörte die 1146 erstmals urkundlich genannte Burg zum Herrschaftsbereich der steirischen Otakare. Vermutlich um 1140 von Adalram von Waldegg-Feistritz erbaut, war sie zunächst Sitz steirischer Adeliger. Nach dem Aussterben der Otakare 1192 ging sie in den Besitz der Babenberger über und wurde bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts in mehreren Phasen zu einer der größten landesfüsrtlichen Burgen Österreichs ausgebaut. Trotz des Verfalls haben sich große Teile der romanischen Burganlage erhalten. Aus der Ausbauphase um 1200 unter Herzog Leopold V. oder Leopold VI. stammen u.a. die Hochburg, die später zum Turm ausgebaute Rundkapelle im Vorburgbereich und die ca. 240 m lange Ringmauer.

Nur wenige Jahrzehnte später erfolgte unter dem letzten Babenbergerherzog Friedrich II. dem Streitbaren (1230-1246) der Ausbau zur prunkvollen Residenz. In seinen Auseinandersetzungen mit dem gleichnamigen Stauferkaiser Friedrich II. nutzte der Herzog die Burg wiederholt als Zufluchtsort. Zahlreiche Urkunden bezeugen seine Anwesenheit in den Jahren 1240, 1242 und 1244. Im Zuge der umfangreichen landesfürstlichen Bautätigkeit wurden repräsentative Wohnbauten mit hochwertiger künstlerischer Ausstattung errichtet, die Rundkapelle zu einem monumentalen Turm aufgestockt und ein weitläufiger Zwinger angelegt (sog. „Waffenplatz"). Zu den repräsentativsten Neubauten gehört die zwar nur mehr in Resten erhaltene, aber mit Hilfe digitaler Vermessung und Computervisualisierung rekonstruierbare Annenkapelle im Burghof, die zwischen Palas und ehemaligen Turm eingebaut wurde. Die Rekonstruktion der Architektur ergab einen an französische Vorbilder orientierten zweigeschoßigen Sakralraum, der sich wegen seiner fortschrittlichen Raumlösungen durchaus mit der „Capella speciosa" in Klosterneuburg (Weihe 1222) - dem damals modernsten Bau im Herzogtum Österreich - messen konnte. Sie diente daher wohl als Palastkapelle und vermutlich auch als Schatzkammer für kostbare Reliquien sowie die Urkunden des Herzogtums. Sicher ist, dass die damals als „unüberwindlich" geltende Burg das „Schatzhaus" des Babenberger Schatzes war.

Nach diesem Ausbau musste Starhemberg mit seinen insgesamt drei Türmen – für Burgen damals sehr ungewöhnlich - einen überaus beeindruckenden Anblick geboten haben, durchaus vergleichbar mit staufischen Kaiserresidenzen, was wohl auch die Intention des Bauherrn war. Herzog Friedrich II. befand sich auf dem Höhepunkt seiner Macht, den Aufstieg in den königlichen Rang bereits vor Augen. Die in dieser Zeit verhandelten Pläne, die Herzogtümer Österreich und Steier zum Königreich zu erheben, wurden allerdings nicht realisiert. Die Bedeutung Starhembergs ist nicht zuletzt daraus ersichtlich, dass die Burg in der sog. Ebstorfer Weltkarte, entstanden vor 1250 in Norddeutschland, neben Wien und Krems eingezeichnet ist (Starkenberch urbs).

Nach dem Tod Herzog Friedrichs II. 1246 wurde die Burg vom Deutschen Orden verwaltet, der vor allem die dort verwahrten Dokumente hütete, solange die Erbansprüche ungeklärt waren. Wieweit die Deutschordensbrüder erfolgreich waren, ist nicht bekannt, da sich der Babenberger Schatz großteils nicht erhalten hat. In den folgenden Jahrhunderten blieb die Burg in landesfürstlichem Besitz, verlor aber an Bedeutung. Ab dem 15. Jahrhundert wurde sie häufig verpfändet und 1590 schließlich an die Grafen Heussenstein verkauft, die mehr als 200 Jahre im Besitz von Burg und Herrschaft blieben. Unter ihnen erfolgte um 1600 ein grundlegender Renaissance-Umbau der mittelalterlichen Hochburg zu einem schlossartigen Wohnbau. Die Gestaltung der noch erhaltenen Hoffassade des Nord- und Westtrakts mit einheitlichen Fensterachsen und Spiraldekor stammt aus dieser Bauphase. Auch die Befestigungsanlagen wurden modernisiert. Der Stich von Georg Matthäus Vischer (1672) zeigt Starhemberg noch als stattlichen und bewohnbaren Adelssitz, der 1683 der Bevölkerung Schutz vor den Osmanen bieten konnte. 

Der Verfall setzte im 18. Jahrhundert ein, als die Dächer abgetragen wurden, um die nach der Dachfläche berechnete Dachsteuer zu sparen. 1817 kam die Burg in den Besitz des Freiherrn Stephan von Badenthal, 1830 wurde sie von Erzherzog Rainer, Vizekönig von Lombardei-Venetien, erworben. Verbunden mit dem großen Interesse des 19. Jahrhunderts am (romantisch-verklärten) Mittelalter erregten die Ruinen nun die Aufmerksamkeit von Heimatforschern, Gelehrten und Künstlern und ließen Ansichten und Beschreibungen entstehen. 1870 stürzte der Großteil des Palas ein. In der Folgezeit dienten die Ruinen der Bevölkerung als „Steinbruch" für den Hausbau; 1945 führte die militärische Nutzung als Beobachtungsposten zu weiteren schweren Schäden durch russischen Artilleriebeschuss.

Seit 1913 ist Starhemberg im Besitz der Familie Salvator-Habsburg-Lothringen. Trotz Bemühungen des örtlichen Burgenvereins konnte die Ruine bislang nicht saniert werden und ist daher aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich.