Ortsgeschichte
Südlich von Hirtenberg an der Einmündung des Triestingtals in das Steinfeld liegt der Markt Enzesfeld. Seit der 1970 erfolgten Gemeindezusammenlegung besteht die neu geschaffene Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn aus den Orten Enzesfeld und Lindabrunn.
Römerzeitliche Funde aus dem Raum um Lindabrunn belegen eine frühe Ansiedlung im Umland. Das Gebiet dürfte zur Zeit der bayrischen Kolonisation im 11. Jahrhundert gerodet und urbar gemacht worden sein. Der Ortsname geht auf ein Feld zurück, das nach einem Mann mit dem Namen Engelscalch benannt ist. Erstmals begegnen wir Enzesfeld um 1120–30, als sich die Besitzer des Ortes de Egelscalchesuelden nannten. Die Burg liegt auf einem felsigen Vorsprung des Pfarrkogels westlich des Ortes. Bis ins zweite Viertel des 14. Jahrhundert war die Festung im Besitz der Engelschalksfelder; dann folgten die Wallseer, Pettauer, und bis 1505 Spaur. Dann wurde die Burg landesfürstlich. Von 1537 bis 1595 waren die Freiherren von Tobar Pfandbesitzer. Susanne von Tobar verfasste 1565 ein Arzneibuch und stiftete 1579 eine Schule. In der Folge wechselten die Besitzer häufig: Concin, Abensperg-Traun, Brandis und Hoyos im 17. Jahrhundert, Colloredo, Montecuccoli, Zinzendorf und Khevenhüller im 18. Jahrhundert. Ein erster Umbau der mittelalterlichen Anlage aus dem 12. Jahrhundert, von dem noch der mächtige Bergfried erhalten ist, erfolgte im 17. Jahrhundert. In der Folge erhielt die nun dreiflügelige Schlossanlage spätbarocke Fassaden. Das heutige Ansehen wird durch die späthistoristisch-neobarocken Um- und Neugestaltung durch Nathaniel Freiherr von Rothschild geprägt, der 1880 das Schloss erworben hatte. Der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Brunnen im Garten besteht aus Werkstücken des Wiener Stephansdoms, Wasserspeier und Tierbildwerke aus dem 15. Jahrhundert.
Die heutige Pfarre löste sich vor 1360 aus dem Pfarrverband Pottenstein. An der heutigen spätgotischen Hallenkirche lassen sich noch romanische und frühgotische Bauteile des Vorgängerbaus ablesen. Dieser war eine kleine Saalkirche mit eingezogenem Chor und geradem Abschluss. Um 1395-96 stiftete Ulrich IV. von Wallsee ein Bürgerspital mit angeschlossener Spitalskirche, etwas unterhalb des Schlosses und der Pfarrkirche gelegen. In den Ungarnkriegen wurde es 1482 zerstört und blieb bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts verödet. Im Kern stammen die heute noch bestehenden Gebäude aus der Gründungszeit. Um- und Anbauten erfolgten in den folgenden Jahrhunderten. Besondere Wohltäter waren Susanne Eleonora Gräfin Colloredo und deren Tochter Maria Antonia Josefa Montecuccoli.
1590 wurde Enzesfeld als „Markt“ bezeichnet. Das genaue Datum der Verleihung des Marktrechts ist unbekannt. Im zweiten Osmanen-Sturm das Jahres 1683 überlebten nur 36 Bewohner. Der starke Bevölkerungsschwund führte zum Abkommen des Marktrechtes. Schweickhardt beschrieb 1831 das Dorf als reinlich, die Häuser gut gebaut und Ordnung verratend. Zu diesem Zeitpunkt lebten 86 Familien mit einem Viehstand von vierzehn Pferden, 73 Zugochsen, 58 Kühen und 1755 Schafen in dem Ort. Kurzfristig wurde nach der Grundentlastung und der Neuordnung der Gemeinden nach 1848 Enzesfeld 1850 mit Lindabrunn vereinigt. Am 3. Dezember 1866 wurde der Gemeindeverband wieder aufgelöst. Mit der Inbetriebnahme der Südwestbahn von Leobersdorf nach St. Pölten, wurde Enzesfeld 1877 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Nach dem Erwerb des Schlosses durch Nathaniel Rothschild stiftete dieser dem Ort eine Volksschule und finanzierte deren jährlichen Ausgaben. Zu Weihnachten beschenkte er bedürftige Kinder mit Geld und Bekleidung. Im Ort sorgte er für die Anlage einer Kanalisation und einer Trinkwasserversorgung aus der Jauling. Ferner ließ er die Straße von Enzesfeld über Lindabrunn nach Aigen bei Hernstein ausbauen.
Neben der Landwirtschaft bot seit dem 18. Jahrhundert Pecherei eine Erwerbsmöglichkeit. Von 1833 bis 1883 sowie dann wieder in den Notjahren 1919–20 wurde in dem Waldgebiet Jauling Braunkohle abgebaut. Heute befindet sich in diesem Gebiet der 1970 errichtete Golfclub Enzesfeld.
Einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte die Region durch Anton Keller aus Hirtenberg, der 1905 die zur alten Enzesfelder Herrschaft gehörige alte Aumühle an der Triesting erwarb und dort als Konkurrenzunternehmen zu Hirtenberg ein Metall- und Munitionswerk errichtete. Zunächst erzeugte man in der Fabrik, die 1907 die Enzesfelder Munition- und Metallwerke Aktiengesellschaft übernahm, Kapseln und Jagdmunition. Schon vor Kriegsbeginn begann man mit der Produktion von Artilleriemunition. Bestand der Ort bis etwa 1900 lediglich aus Schloss, Kirche mit Nebengebäuden und einigen Bauernhäusern, so vergrößerte er sich in der Folge durch die Siedlungsanlagen, die man für die zahlreich zugezogenen Arbeiterfamilien errichtete. Während der beiden Weltkriege expandierte der Betrieb in großem Maße: 11.000 Beschäftigte zählte man im Ersten Weltkrieg, 15.000 im Zweiten, wobei 10.000 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt waren. Die sowjetische Besatzung beschlagnahmte die Metallwerke und führte sie als USIA-Betrieb mit 200 Beschäftigten weiter. Nach Demontage und Abtransport der Maschinen ging die Fabrik 1955 in den Besitz des Bundes über und wurde in weiterer Folge an diverse Unternehmen angegliedert. Aus der Gründungsphase zu Beginn des 20. Jahrhunderts stammen noch die Gebäude im Bereich der Werkseinfahrt, die ebenerdigen, flachgedeckten Hallen, der Wasserturm und eine Stahlskelettkonstruktion mit Ziegelausmauerung.
Dem Wachstum des Ortes trug die Niederösterreichische Landesregierung 1938 durch die Erhebung zum Markt Rechnung. Das Marktwappen wurde Enzesfeld erst 1953 verliehen: Im blauen Schild ein schräg rechter weißer Balken, belegt mit drei Lilien; beiderseits des Balkens im Schild je eine gegen den Rand gerichtete goldene Lilie. Die fünf Lilien sind vom Wappen der Engelschalksvelder abgeleitet, ebenso die Fahnenfarben Blau-Weiß. Seit 1. Jänner 1970 bilden die Gemeinden Enzesfeld und Lindabrunn wieder einen Gemeindeverband als Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn.