Ortsgeschichte
Die im 14. Jahrhundert gegründete Kartause Marienthron in Gaming war bis zu ihrer Aufhebung durch Joseph II. im Jahr 1782 das geistige und wirtschaftliche Zentrum des alpinen Mostviertels.
Der weite Talkessel war im Frühmittelalter slawisches Siedlungsgebiet und gehörte bis ins 11. Jahrhundert zu Karantanien. Gaming wurde vom Kloster Mondsee aus kolonisiert und war seit dem beginnenden 12. Jahrhundert wohl im Besitz der auch im nahen Dorf Brettl begüterten Babenberger. Um 1260 wird Gaming (Gämnich) erstmals genannt.
Als Herzog Friedrich der Schöne 1322 in bayerische Gefangenschaft geriet, gelobten seine Brüder Albrecht II. und Leopold, im Falle seiner Freilassung ein Kloster zu gründen. Doch erst nach dem Tod seiner Brüder stiftete Herzog Albrecht II. gemeinsam mit seiner Gemahlin Johanna von Pfirt und seinem Bruder Otto 1330 ein Kartäuserkloster (Stiftsbriefe von 1330 und 1354). Die Kartäuser oder „weißen Mönche", wie sie genannt wurden, waren ein 1084 vom hl. Bruno von Köln gegründeter Einsiedlerorden. Die Mönche der neuen Gründung kamen aus der Kartause Mauerbach. 1342 wurde die Kirche geweiht, auch die Klosteranlage war zu diesem Zeitpunkt zum Großteil fertig. Albrecht II. und Johanna fanden hier ihre letzte Ruhestätte, desgleichen ihre Schwiegertochter Elisabeth von Luxemburg, die erste Gemahlin Herzog Albrechts III.
Gaming war nicht nur die größte der drei niederösterreichischen Kartausen Mauerbach, Aggsbach und Gaming, sondern auch die größte Kartause Mitteleuropas. Das Doppelkloster umfasste 24 - statt der sonst üblichen zwölf - Mönchszellen. In diesen kleinen, heute noch bestehenden Häusern lebten die Mönche, die einem strengen Sprechverbot unterlagen. Der reiche Klosterbesitz erstreckte sich von Ruprechtshofen und Oberndorf an der Melk über Scheibbs bis an den Ötscher und den Lunzer See. Die Kartäuser rodeten das Ötscherland, legten Verkehrswege an, erbauten Meierhöfe als landwirtschaftliche Zentren und gründeten Siedlungen, darunter Lackenhof und Lunz.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Kartause umgebaut und teilweise barockisiert. Der Torturm mit dem Relief „Maria Thron" entstand um 1625 unter Abt Hilarion. 1670 wurden die Prioren der niederösterreichischen Kartausen in den Prälatenstand erhoben und erhielten Sitz und Stimme im Landtag. Nach der Aufhebung 1782 wurde die Kirche profaniert und die Ausstattung verteilt.
Von größter Bedeutung für die Entwicklung des Marktes Gaming war der Bau der „Dreimärktestraße" Scheibbs-Purgstall-Gresten über den Grubberg zwischen Gaming und Lunz. Erbaut um 1490, wurde sie Mitte des 16. Jahrhunderts durch die Mendling weiter ausgebaut. Die Wirtschaft der Gegend lebte vom Handel mit dem Erzberg, der mit Proviant und Holzkohle versorgt und dessen Produkte, Roheisen und Halbzeug weiterverarbeitet wurden. Entlang der „Dreimärktestraße" entstanden Hammerwerke, Kohlenmeiler und Wirtshäuser. Die gotische Pfarrkirche wurde 1510 geweiht und war nach der Aufhebung der Kartause über 200 Jahre lang (1797-1985) Grablege der Gebeine der drei Habsburger, die neben dem Hochaltar beigesetzt wurden.
An die Zeit der Napoleonischen Kriege erinnert das „Franzosenkreuz" an der Gaminger Straße. 1805 hielt dort der Bauer Fallmann vom Grubberg mit wenigen Männern die Vorhut der französischen Armee auf und ermöglichte den österreichischen Truppen den Rückzug von Lunz nach Mariazell. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Gaming eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde mit 1. Februar 1962 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Scheibbs zugewiesen.
Nach der Aufhebung der Kartause wurde die Herrschaft Gaming zunächst vom Staat für den Religionsfonds verwaltet und später an die Grafen Festetits de Tolna verkauft (1825). Um 1900 erwarb das Stift Melk die Gebäude, die 1919 bis 1939 als Jugendheim, dann als Lager für Objekte des Kunsthistorischen Museums dienten und nach 1945 im Zuge der Einquartierung russischer Soldaten verwüstet wurden. Nach der Revitalisierung wurden 1985 die Überreste der Habsburger in ihre angestammte Grablege in der Kirche der Kartause rücküberführt. 1993 feierte dort Karl Habsburg seine Hochzeit mit Francesca Thyssen.
In den Räumlichkeiten der Kartause wurde ein Museum zur Geschichte Albrechts II. und der Kartäuser eingerichtet. Alljährlich im August ist sie Veranstaltungsort eines Chopin-Festivals.