Ortsgeschichte
Die Burg Heidenreichstein ist eine der größten und schönsten Wasserburgen in Niederösterreich, die nie erobert und zerstört wurde und daher ihr beeindruckendes wehrhaftes Erscheinungsbild bis heute erhalten konnte.
Im Mittelalter gehörte die Gegend zur Grafschaft Litschau, in der um 1180/1190 an zwei alten Fernstraßen nach Böhmen eine Siedlung entstand. Namengebender Gründer war vermutlich ein „Heidenreich" aus der Familie der Burggrafen von Gars, mit den Kuenringern verwandte Ministerialen der Babenberger. 1205 wird ein Otto von Heidenreichstein, der Bruder des Gründers, urkundlich genannt. Seit 1297 war die Grafschaft Litschau-Heidenreichstein in landesfürstlichem Besitz und wurde im 14. Jahrhundert an die Herren von Klingenberg (1314-1346) und 1348 an die Herren von Puchheim verpfändet, die für fast 300 Jahre Herrschaftsinhaber waren (bis 1636).
Unter den Puchheim erhielt die Burg vom 14. bis zum 17. Jahrhundert ihre mächtige vierflügelige Gestalt mit den großen, eckbetonenden Rundtürmen mit spitzen Kegeldächern, für die ein Nebeneinander von Spätgotik- und Renaissanceformen bestimmend ist. Von der romanischen Burganlage des Hochmittelalters hat sich der mächtige, über 40 Meter hohe Bergfried erhalten, der in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert wird. Auch der enge, dunkle Burghof ist stark dem Mittelalter verbunden.
Die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts planmäßig um einen rechteckigen Marktplatz erweiterte Siedlung entwickelte sich im Spätmittelalter zu einem bedeutenden Handelsplatz und wird 1369 erstmals „Markt" genannt. Besonders gefördert wurde der Markt von Hans von Puchheim, der 1450 eine für Schwerfuhrwerke befahrbare Brücke über die Lainsitz anlegen ließ und damit die Weinausfuhr nach Böhmen über Heidenreichstein lenkte. In der Reformationszeit gehörten die Herren von Puchheim zu den führenden evangelischen Adeligen Niederösterreichs. Heidenreichstein war daher bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts überwiegend protestantisch.
Während die Burg uneinnehmbar blieb, hatte der Markt trotz Befestigung mit Mauern und Toren unter Grenzfehden, Hussiteneinfällen und Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg (1619, 1637) zu leiden. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gehörte die Burg in Verbindung mit dem befestigten Markt zu den stärksten Wehrbauten in der Gegend und wurde als Zufluchtsort bestimmt. Nachdem den Puchheim 1636 die Herrschaft auf dem Exekutionsweg abgenommen worden war, wechselten die Besitzer häufig. 1710 fiel die inzwischen zur Grafschaft erhobene Herrschaft (1656) als erbliches Lehen an die Grafen, später Fürsten Palffy, die bis 1947 im Besitz der Burg waren. Danach gelangte sie an die Familie Van der Straten und später an die heutigen Eigentümer, die Familie Kinsky. Die Burg ist deren ständiger Wohnsitz sowie unter dem Namen „Kinsky'sches Forstamt" Verwaltungssitz des Kinsky'schen Forst- und Teichwirtschaftsbetriebs. In den Räumlichkeiten wird eine Schausammlung von Kunst- und Einrichtungsgegenständen der Spätgotik und der Neuzeit präsentiert.
Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Heidenreichstein eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde bereits 1854 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Litschau zugewiesen. Seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich Heidenreichstein zu einem Zentrum der Textilindustrie, die zunächst als Hausindustrie betrieben wurde. 1880 wurde die erste Strick- und Wirkwarenfabrik gegründet, der weitere Fabriksgründungen folgten.
Am 23. März 1932 wurde Heidenreichstein mit Beschluss des niederösterreichischen Landtags zur Stadt erhoben. Mit Bescheid vom 11. Mai 1982 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Stadtgemeinde ein Wappen: In einem silbernen Schild, auf einem grünen Dreiberg stehend, die heilige Margarethe, die mit einem roten Gewand bekleidet ist, in ihrer rechten Hand einen grünen Palmzweig, in ihrer linken einen grünen Lorbeerkranz hält und auf ihrem Haupt eine goldene Krone trägt. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Weiß-Rot-Grün wurden genehmigt. Seit 2002 verbindet Heidenreichstein eine Städtepartnerschaft mit Nová Bystřice in Tschechien. Das international prämierte Moor- und Torfmuseum der Stadt vermittelt interessante Einblicke in die lange geübte Tradition des Torfstechens zur Gewinnung von Heizmaterial sowie in die Tier- und Pflanzenwelt der Moorgebiete des Waldviertels.