Ortsgeschichte
Östlich von St. Pölten und südöstlich von Böheimkirchen liegt der Markt Kirchstetten, umschlossen vom Haspelwald im Norden und dem Wienerwaldrücken im Süden. Die Anfänge Kirchstettens liegen im Dunkeln. Man vermutet, dass der Ort bereits zur Karolingerzeit bestand; es könnte sich dabei um einen der in Urkunden erwähnten, heute verschollenen Orte Egilinstetten oder Zeizmannesstetin handeln. Im Gegensatz zu vielen anderen Gründungen handelte es sich nicht um eine Kirchsiedlung, hier gab es zunächst eine Burg; mit dem Bau der Kirche entstand dann erst der Ortsname Kirchstetten. Erstmals wurde der Ort um 1130 aufgrund der Pfarrgründung, die auf ein Gesuch der Gräfin Petrissa von Schwarzenburg zurückgeht, in einer Urkunde Bischofs Regimars von Passau genannt. Die Herrschaft Kirchstetten wechselte im Lauf der Jahrhunderte des Öfteren ihre Besitzer. Ab etwa 1180 trat Rudolf Wirsinch im Gefolge der Lengenbacher auf. Nach dem Aussterben der Lengbacher blieb Kirchstetten im Besitz der Wirsinchs, die es bis zu ihrer Übersiedlung nach Wien um 1350 behielten. Dann ging die Herrschaft an die Rorer von Langenrohr über.
Die Burg wurde 1529 oder 1532 von den Osmanen zerstört und nicht wieder aufgebaut. 1876 wurde an dieser Stelle die alte Volksschule errichtet. Der Sitz der Herrschaft wurde nach Ollersbach (Schloss Baumgarten) verlegt; nach 1618 kaufte Johann Eusebius Freiherr von Khuen den Besitz. In weiterer Folge kamen die Güter, ebenso wie Neulengbach, an die Grafen von Palffy und weitere Besitzer. Die Geschichte der Pfarre Kirchstetten ist eng mit der der Pfarre Ollersbach verknüpft. Von den Lengenbachern ging das Kirchpatronat für Kirchstetten und Ollersbach an die Landesfürsten über. Ferdinand I. war der erste, der 1526 für beide Pfarren gemeinsam präsentierte. Kirchstetten wurde zur Filiale von Ollersbach. Daran änderte auch die Reorganisation des Pfarrwesens unter Joseph II. nichts.
Mit dem Bau der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn und der Errichtung des Bahnhofes entstand ein zweiter Ortskern. Auch heute befinden sich die wichtigsten Infrastruktureinrichtungen im Gebiet um den Bahnhof. Zwischen 1936 und 1945 lebte der Lyriker Josef Weinheber in seinem Landhaus in Kirchstetten; nach seinem Tod wurde er in seinem Garten begraben. Während des Zweiten Weltkrieges ging ein Bombenteppich über Kirchstetten nieder, der wohl die Gleisanlagen der Westbahn zerstören sollte, aber fast gänzlich Felder und Wiesen traf. Eine Bombe traf den rückwärtigen Teil der Kirche mit der Orgel, explodierte aber nicht. Sie musste entschärft werden. Ab 1957 verbrachte der berühmte anglo-amerikanische Lyriker Wystan Hugh Auden die Sommermonate in seinem Kirchstettener Landhaus, die restliche Zeit im Jahr lebte er in New York oder Oxford. 1973 wurde er am Ortsfriedhof begraben, nachdem er nach einer Lesung in Wien verstorben war. 1971 wurde Totzenbach eingemeindet. Mit Bescheid vom 18. Juli 1972 erhielt Kirchstetten ein Wappen verliehen: Ein gespaltener Schild, vorne in einem achtmal von Rot auf Silber schräggeteilten Feld ein aus der Schildesmitte ragender halber goldener Adler, hinten im blauen Felde über einem grünen halben Dreiberg eine silberne rotbedachte Kirche mit ebensolchen Turm und Apsis. Am 24. Juni 1999 wurde Kirchstetten im niederösterreichischen Landtag einstimmig zur Marktgemeinde erhoben.