Ortsgeschichte
Nördlich der Wiener Stadtgrenze zwischen den ausgedehnten Augebieten der Donau und den Abhängen des Bisamberges erstreckt sich der Markt Langenzersdorf, der aus den Ortsteilen An den Mühlen, Dirnelwiese, Seeschlacht, Tuttendörfl und Tuttenhof besteht. Eine Besiedlung lässt sich für die Gegend seit der mittelneolithischen Zeit nachweisen. Wichtigster Fund ist die sog. „Venus von Langenzersdorf“, die man 1955/56 bei Grabungen am Südhang des Bisamberges fand. Sie ist in die Zeit der Lengyel-Kultur (um 4800 v. Chr.) zu datieren.
Bei seinem Feldzug gegen die Ungarn verweilte Kaiser Heinrich V. in Klosterneuburg; ein Teil seines Gefolges soll sich im heutigen Langenzersdorf angesiedelt haben. Die Bitte dieser Siedler, sich unter den Schutz des Klosters zu stellen, wurde 1108 gewährt; namentlich sind Gnane und Albrecht von Encinstorf in der Urkunde genannt. Der alte Ortsname Encinsdorf leitet sich vom Personennamen „Enzo“ ab. Das Stift Klosterneuburg wurde im Laufe der Jahrhunderte mit zahlreichen Schenkungen in Langenzersdorf bedacht und besaß dort auch einen größeren Wirtschaftshof. Es war auch für die seelsorgliche Betreuung zuständig. Bis 1171 gehörte Enzersdorf zur Stiftspfarre Klosterneuburg, dann wurde es von Korneuburg aus betreut. Coloman von Enzersdorf und dessen Frau Jeutta (Judith) ließen an die ehemalige romanische Saalkirche um 1315-1320 eine Kapelle zu Ehren des hl. Leonhard anbauen, das heutige südliche Seitenschiff. 1323 wird in einer Schenkungsurkunde die neuerbaute Kapelle/Kirche in „Langen-Enzersdorf“ bestätigt, die Ortsnamenergänzung „Langen“ scheint dabei erstmals auf und dürfte als Unterscheidungsmerkmal zu gleichlautenden Orten gewählt worden sein. Im Jahre 1326 wurde St. Katharina eine eigenständige Pfarre. Als Zeuge wird ein Pfarrer Ulrich genannt, dessen Siegel noch erhalten ist.
Während der Hussiteneinfälle ordnete Herzog Albrecht V. 1421 den Ausbau der Befestigungsanlage in Korneuburg an. Enzersdorf musste dafür 1429–1445 Vogteigeld an Korneuburg abliefern. 1461 lagerte Georg von Podiebrad, von 1458 bis 1471 König von Böhmen, mit seinem Heer im benachbarten Korneuburg. Er sollte im Streit zwischen Friedrich III. und Albrecht VI. vermitteln. Die Gegend um Langenzersdorf wurde von den Truppen aller Beteiligten gebrandschatzt und von Freibeutern heimgesucht. Im Verlauf des Eindringens der Ungarn unter Matthias Corvinus brannte die Kirche in Enzersdorf ab, wurde aber wiederhergestellt und 1487 wieder geweiht. 1484 waren die Einwohner Zeugen der Belagerung und Einnahme Korneuburgs. Als die Osmanen 1529 erstmals Wien belagerten, blieb Langenzersdorf weitgehend verschont, musste aber 20 Gulden Türkensteuer entrichten.
In der Reformationszeit wurde Pfarrer Thibold 1547 wegen der Hinneigung zur „neuen Lehre“ seines Amtes enthoben, 1560 wurde der verheiratete Pfarrer Ulrich Herrmann vor das Consistorium zitiert. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts war Langenzersdorf Poststation auf der Straße von Wien nach Prag. Als 1683 die Osmanen zum zweiten Mal bis Wien vordrangen, lagerten einige wenige kaiserliche Truppen unter General Häusler in Enzersdorf, bis sich diese dem Hauptheer im Tullner Raum anschlossen. Die Türken brannten Enzersdorf und andere Orte nieder. Die Wiederherstellung des Ortes dauerte bis 1693 an, in der Kirche wurde ein neuer Hochaltar zu Ehren der Hl. Katharina errichtet, der allerdings 1709 bei einem heftigen Wolkenbruch wieder zerstört wurde. Der 1708 neuerbaute Kirchturm wurde 1817 durch einen großen Brand zerstört. Seine heutige Form stammt aus dem Jahr 1902. 1749 erschütterte ein Erdbeben den Ort. Um die Ansiedlung vor den immer wieder auftretenden schweren Überschwemmungen durch die Donau zu schützen wurde im 18. Jahrhundert ein Damm errichtet.
1805 wurde Langenzersdorf von den Franzosen besetzt. Am 17. November fuhr Napoleon durch den Ort. Der in Langenzersdorf geborene Lehrer Leopold Chimani konnte durch seine Französischkenntnisse vermitteln und trug möglicherweise zur Linderung der ohnedies in der Bevölkerung vorherrschenden Not bei. 1809 jedoch wurden Kirche, Pfarrhof und der gesamte Ort von den durchmarschierenden Franzosen geplündert, verwüstet, Häuser teilweise abgebrannt und Personen misshandelt. Eine neuerliche Feuersbrunst zerstörte 1817 29 Häuser, Scheunen, Ställe, die Schule, das Pfarrhaus und Teile der Kirche. 1866 war Langenzersdorf nach der Schlacht bei Königgrätz neuerlich bedroht, viele Bewohner flüchteten nach Wien. Die Errichtung einer Schiffsstation und einer Bahnstation der Nordwestbahngesellschaft 1841 brachten wirtschaftlichen Aufschwung. Langenzersdorf wurde als Wohngebiet interessant. Ende des 19. Jahrhunderts entstand südlich der Durchzugsstraße ein aufgelockert verbautes Siedlungs- und Villengebiet.
Schon 1894 wurde ein Fährübergang zwischen Tuttendörfl und Klosterneuburg als „Fliegende Brücke“ eröffnet. Nachdem der Eisstoß im Winter 1928/29 diese vernichtet hatte, beschlossen die Gemeinden Korneuburg und Klosterneuburg den Bau einer Rollfähre. An den Kosten beteiligte sich auch das Stift Klosterneuburg. Im Mai 1935 ging das Fährschiff vom Stapel. Im Juli desselben Jahres spannten Pioniere das 380 m lange Stahlseil. Im September begann der Betrieb der Rollfähre, die bis heute in Betrieb ist. Die Fähre nützt zum Überqueren des Stromes dessen Strömungsdruck. Nach dem Anschluss 1938 wurde Langenzersdorf am 15. Oktober 1938 Teil des 21. Gemeindebezirkes von Groß-Wien und blieb dies bis 1954. In Tuttenhof wurde 1943 das Kaiser-Wilhelm-Institut für Kulturpflanzenforschung gegründet. Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde es nach Gatersleben (Sachsen-Anhalt) verlegt.
Die seit 1954 wieder eigenständige Gemeinde Langenzersdorf wurde 1960 zum Markt erhoben. Seit 2006 ist die Marktgemeinde Mitglied der Kleinregion „10 vor Wien“.