Mailberg


Gemeinde Mailberg

Schlacht bei Mailberg im Jahr 1082

Nach dem Wechsel Markgraf Leopolds II. von der königlichen zur päpstlichen Partei im sog. Investiturstreit kam es am 12. Mai 1082 bei Mailberg zur Schlacht gegen Herzog Wratislaw von Böhmen, einen der wichtigsten Anhänger König Heinrichs IV., in der Leopold II. eine vernichtende Niederlage erlitt.
Ursache, Verlauf und Bedeutung dieser Schlacht ist bis heute umstritten, da die zwei Hauptquellen, die das Ereignis überliefern, einander in Sichtweise und Bewertung widersprechen:
1. Die um 1120 entstandene Chronik des Dekans des Prager Domkapitels Cosmas von Prag schilderte die Schlacht aus böhmischer Sicht. Er hatte sich zur Zeit der Schlacht vermutlich nicht in Böhmen, sondern in Lüttich aufgehalten. Für seine Darstellung benutzt Cosmas gerne "klassische" Vorbilder, vor allem die um 900 verfasste Chronik des Regino von Prüm, aus der er wortwörtlich zitiert, so auch bei der Beschreibung der Schlacht. Ihn interessierte vor allem die Geschichte des böhmischen Volkes, den Investiturstreit erwähnt er hingegen gar nicht.
2. Etwas jünger ist die Gegendarstellung auf österreichischer Seite, die Vita Altmanni. Die Lebensbeschreibung Bischof Altmanns von Passau wurde in den 30er Jahren des 12. Jahrhunderts in Altmanns Gründung Göttweig verfasst. Er gehörte im Investiturstreit zu den entschiedensten Gegnern König Heinrichs IV. und war maßgeblich am Parteiwechsel Leopolds II. beteiligt.
Als Ursache des Kampfes gibt die Vita Altmanni die Übertragung der Mark an den Böhmenherzog Wratislaw durch König Heinrich IV. an, nachdem Leopold II. die Seite gewechselt hatte. Nach Cosmas von Prag waren hingegen Grenzstreitigkeiten und Plünderungen in Mähren durch die Leute in der Mark alleinige Ursache der Feindseligkeiten; die Schuld lag ihm zufolge bei der Gegenseite. In der Vita Altmanni hingegen bildet allein der Investiturstreit den Hintergrund für die Schlacht, die von daher eine besondere Bedeutung erhält. Die Schuld trägt der Vita zufolge eindeutig die gegnerische Partei, da Leopold auf der "richtigen", nämlich päpstlichen Seite stand.
Herzog Wratislaw bereitete sich jedenfalls gut vor und warb eine Gruppe Schwerbewaffneter beim Bischof von Regensburg an, der zur Partei des Königs gehörte. Offenbar ging es um mehr als nur um lokale Streitigkeiten. Ein Zusammenhang mit dem Investiturstreit ist wohl anzunehmen, auch wenn es möglicherweise nicht zu einer Übertragung der Mark an Wratislaw, wie die Vita Altmanni behauptet, gekommen war. Grenzstreitigkeiten könnten aber den Anstoß bzw. den willkommenen Vorwand zum Kampf geliefert haben. Herzog Wratislaw fiel im Frühjahr 1082 mit seinem aus Bayern, Böhmen und Mährern gebildeten Heer in Österreich ein. Ziele der damaligen Kriegsführung waren die materielle Schädigung des Gegners und der Gewinn von Beute, weshalb er seinen Angriff wohl in erster Linie gegen die Besitzungen des Markgrafen richtete und sie verwüstete. Als er auf der bei Mailberg vorbeiführenden Hochstraße vorbeizog, kam ihm der Markgraf entgegen. Die Heere trafen vermutlich in dem für einen Reiterkampf idealen, ebenen Gelände zwischen Obritz und Mailberg aufeinander.
In beiden Heeren kämpften mehrheitlich schwergepanzerte Reiter. In Leopolds Heer standen außer den babenbergischen Ministerialen Leute der mächtigen Formbacher und vielleicht auch die im Kampfgebiet begüterten Haderiche, weiters Leute des Passauer Klosters St. Florian, die Bischof Altmann von Passau gesandt haben könnte. Leopold II. scheint auch Teile der bäuerlichen Bevölkerung aus der Mark aufgeboten zu haben, womit sich die Bemerkung bei Cosmas erklären ließe, er habe alle, vom Sau- bis zum Rinderhirten, mit Eisen jeder Art bewaffnet und zum Kampf aufgerufen. Über die Größe der Heere geben die zeitgenössischen Quellen keinen Aufschluss, die überlieferten Zahlenangaben (3500-8000) stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Nach Cosmas ließ Leopold seine Truppen in Keilform aufstellen, Wratislaw wählte hingegen die Parallelaufstellung: die Mährer am linken Flügel, die Böhmen in der Mitte, die schwergepanzerten Bayern am rechten Flügel. Beide Taktiken sind im Mittelalter nachgewiesen, wieweit sie den tatsächlichen Schlachtenformationen entsprachen oder nur als Typik verwendet werden, lässt sich nicht sagen. Der Beginn der Schlacht wurde auf beiden Seiten durch Hornsignale angekündigt. Nach der Vita Altmanni wurde der Kampf mit Speeren begonnen und dann mit dem Schwert geführt, nach Cosmas habe Wratislaw seine böhmischen Ritter im Zentrum absitzen und zu Fuß weiterkämpfen lassen. Demnach handelte es sich um einen typischen Reiterkampf, der mit dem Speer oder der Lanze begonnen und dann zu Fuß mit dem Schwert weitergeführt wurde, denn der Schwertkampf zu Pferd galt als unritterlich. Möglicherweise stand den Böhmen aber auch Fußvolk gegenüber. Cosmas lehnt sich bei der Schilderung der Schlacht allerdings sehr an Regino von Prüm an, was die Zuverlässigkeit der Beschreibung in Frage stellt. Beide Quellen stimmen darin überein, dass der Böhmenherzog einen vollständigen Sieg errang, nur über die Verluste gibt es unterschiedliche Angaben. Nach der Vita Altmanni waren sie auf beiden Seiten gleich hoch, nach Cosmas gab es nur vier Gefallene auf böhmischer Seite. Für das österreichische Heer endete die Schlacht katastrophal, nur wenigen gelang die Flucht, darunter dem Markgrafen, die anderen wurden erschlagen oder gefangen genommen. Gefangene brachten hohes Lösegeld und zusammen mit der Beute einen hohen Gewinn für den Sieger.
Diese Schlacht hatte außer einer vorübergehenden Grenzverschiebung Mährens bis Mailberg keine unmittelbaren politischen Folgen. Die Herrschaft Leopolds II. in der Mark blieb unangetastet, von einem Anspruch Herzog Wratislaw auf die Markgrafschaft war in der Folgezeit keine Rede mehr. Im Jahr 1100 kam es sogar zur Hochzeit zwischen den Kinder der einstigen Gegner. Leopolds Tochter Gebirg heiratete Wratislaws Sohn Boriwoj II. Es sprechen gute Gründe dafür, dass die Bedeutung der Schlacht von Mailberg seit dem 12. Jahrhundert überschätzt wurde und in der Erinnerung als erstes "patriotisches Ereignis" lebendig blieb. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde sie auf dem Pergament sogar "gewonnen": nach dem Zwettler Stifterbuch, der  sog. Bärenhaut, siegte Azzo, der legendäre Ahnherr der Kuenringer.
Auch wenn die Schlacht bei Mailberg letztlich unbedeutend gewesen sein mag, es gab Tote und Verwundete und wie in jedem Krieg schwere Belastungen für die Bevölkerung. Nach der Vita Altmanni sei es zu Verwüstungen des nördlichen Niederösterreichs und zu einer Hungersnot gekommen und Bischof Altmann habe die durch den Krieg verursachte Not mit Nahrungsmitteln gelindert - womit der Verfasser noch einmal nachdrücklich vor Augen führt, welche Seite für Unrecht, Gewalt und Not verantwortlich war.
(Quelle: L. Auer, Die Schlacht bei Mailberg am 12. Mai 1082, Militärhistorische Schriftenreihe 31, 2. Aufl. 1984)