Maria Enzersdorf (Burg Liechtenstein)


Gemeinde Maria Enzersdorf am Gebirge

Ortsgeschichte

Die Marktgemeinde im Naturpark Föhrenberge besteht aus dem alten, auf das Mittelalter zurückgehenden Ortsgebiet und der 1960 bis 1976 erbauten Südstadt. Die Gegend war schon in der Frühgeschichte besiedelt, wie jungsteinzeitliche und eisenzeitliche Funde auf dem Kalenderberg bezeugen. Urkundlich wird der Ort erstmals um 1130 als Engilschalchesdorf erwähnt, aus dem sich später der Name Enzersdorf entwickelte. Um 1170/80 erfolgte der Bau eines Wohnturms mit Kapelle, der in den folgenden Jahrzehnten zur Zweitürmeburg ausgebaut wurde.

Die Burg gilt als Stammsitz der Fürsten von Liechtenstein. Urkundlich werden die Liechtenstein im 14. Jahrhundert als Herrschaftsinhaber genannt (1330). Danach kam es aber zu mehrfachem Besitzerwechsel, darunter die Grafen von Cilli und die Khevenhüller, sodass die Burg erst Anfang des 19. Jahrhunderts wieder in den Besitz der Familie Liechtenstein gelangte. Fürst Johann I. erwarb 1807 die seit dem 16. Jahrhundert vereinigte Herrschaft Liechtenstein-Mödling mit der seit der Beschädigung durch die Osmanen 1683 zur Ruine verfallenen Burg. Er ließ die Umgebung in einen romantischen Landschaftspark mit künstlichen Ruinen ausgestalten und den unterhalb der Burg gelegenen Gutshof im klassizistischen Stil zum Schloss Liechtenstein ausbauen. Die von ihm begonnene Restaurierung der Ruine wurde ab 1873 von Fürst Johann II. fortgesetzt, dem Bauherrn der heutigen Burg. Unter ihm erfolgte von 1884 bis 1903 der Wiederaufbau und - in Anlehnung an mittelalterliche Bauformen - die historistische Neugestaltung nach den Plänen von Carl Gangolf Kayser und Humbert Walcher Ritter von Molthein. Burg Liechtenstein wurde - neben Kreuzenstein - zur bekanntesten „Idealburg" der Romantik. Heute ist die Burg ein Veranstaltungszentrum und beherbergt ein Weinbaumuseum. Seit 1983 finden hier alljährlich im Sommer die Nestroy-Festspiele statt.

Seit den Anfängen des Ortes spielte der Weinbau eine bedeutende Rolle und führte im Mittelalter zur Ansiedlung von Stiftshöfen an der sog. „Gebirgsrandstraße", einer bedeutenden Nord-Süd-Verbindung. 1454 gründete Johannes von Capistran hier ein heute noch bestehendes Franziskanerkloster der strengen Observanz. Kloster und Kirche liegen im ursprünglichen Ortskern (Bereich Mariazeller Gasse). Enzersdorf wurde eine wichtige Station auf der „Via Sacra" nach Mariazell und erhielt Ende des 16. Jahrhunderts ein Gemeindewappen (1590). Das Kloster wurde 1529 durch die Osmanen zerstört und im Zuge der Reformation vorübergehend aufgegeben. Im 17. Jahrhundert wurde den Franziskanern das Kloster zurückgegeben und die Kirche neu geweiht (1641). Nach erneuter Zerstörung durch die Osmanen 1683 erfolgte im frühen 18. Jahrhundert ein Neubau. Die Klosterkirche wurde 1730 zur Wallfahrtskirche „Maria Heil der Kranken". Die von der Familie van Ghelen gestiftete Gnadenstatue ist eine Nachbildung der Mariazeller Madonna. Seither führt der Ort den heutigen Namen. 1784 wurde die Kirche zur Pfarre erhoben.

Seit dem 18. Jahrhundert war Maria Enzersdorf beliebter Sommersitz des Adels und des wohlhabenden Wiener Bürgertums. Aus dieser Zeit stammen einige kleinere Schlossbauten wie das Hunyadi-Schloss und das Maria-Theresien-Schlössl. Das „Romantikerhaus" in der Liechtensteinstraße war um 1820 Treffpunkt des „Romantikerkreises" um Clemens Maria Hofbauer. Zahlreiche prominente Mitglieder dieses Kreises ließen sich auf dem berühmten Romantikerfriedhof in Maria Enzersdorf rund um die ursprüngliche Grabstätte des 1820 verstorbenen Heiligen beisetzen, dessen Leichnam später nach Maria am Gestade in Wien überführt wurde.

Wesentliche Veränderungen erlebte der alte Weinort seit dem späten 19. Jahrhundert. Nach der Vernichtung eines Großteils der Weinkulturen durch die Reblaus 1890 kam es durch Umwidmung und Parzellierung zahlreicher Weingärten zu einem starken Zuzug aus Wien. Es entstanden Villenviertel, Einfamilien- und Genossenschaftshäuser; Handel und Gewerbe erlebten einen  Aufschwung. 1938 bis 1954 war Maria Enzersdorf Teil des 24. Bezirks von Wien, 1955 erfolgte die Erhebung zum Markt. Ab 1960 entstand östlich des Marktes - durch Ankauf ehemaliger landwirtschaftlich genutzter Flächen der Gemeinde Wiener Neudorf - die planmäßig angelegte Südstadt mit den Verwaltungsgebäuden der NEWAG und NIOGAS (heute EVN) und dem „Bundessportzentrum Südstadt". Innerhalb von nur zehn Jahren vergrößerte sich die Einwohnerzahl der Gemeinde um mehr als das Doppelte.

Im Gemeindegebiet von Maria Enzersdorf befindet sich auch das 1889 gegründete Steyler Missionshaus St. Gabriel. Die monumentale neuromanische Klosteranlage wurde 1913 vollendet. St. Gabriel entwickelte sich zu einem Zentrum missionswissenschaftlicher und ethnologischer Forschung mit Druckerei, Bibliothek und einer Philosophisch-Theologischen Lehranstalt, die 1972 den Titel „Hochschule" erhielt. Der Gründer von St. Gabriel, Pater Arnold Janssen, wurde 2003 heilig gesprochen.