Ortsgeschichte
Die am Eintritt der Schwarza in das Steinfeld gelegene Stadt ist einer der bedeutendsten und ältesten Verkehrs- und Handelsknotenpunkte im südlichen Niederösterreich. Neunkirchen war Teil der Pittener Besitzungen der Grafen von Wels-Lambach bzw. ab etwa 1055 der Grafen von Formbach, die im 11. Jahrhundert im Pittener Gebiet einen Herrschaftsbereich aufbauen konnten.
Erstmals wird Neunkirchen im Zusammenhang mit der Gründung der bayerischen Benediktinerabtei Vornbach am Inn im Jahr 1094 genannt. Graf Ekbert I. von Formbach schenkte dem Kloster etliche Güter, darunter den Ort Niuwenchirgun mit einem Markt und einer Pfarrkirche. Wann die Siedlung und die wohl namengebende „neue Kirche" im 11. Jahrhundert entstanden ist, ist nicht bekannt. Trotz der Schenkung blieben die Formbacher in Neunkirchen auch weiterhin präsent, weshalb sich das Verhältnis zum bayerischen Kloster konfliktträchtig gestaltete. Als Papst Innozenz II. dem Kloster 1139 das Markt- und Münzrecht bestätigte, ließ sich zwei Jahre später Graf Ekbert II. ebenfalls das Münzrecht für „sein" Dorf Neunkirchen von König Konrad III. verleihen und prägte parallel zum Kloster eigene Münzen. Vermutlich als Reaktion darauf wurde im Kloster eine Fälschung auf Kaiser Lothar III. zum Jahr 1136 angefertigt, um mit der gräflichen Königsurkunde gleichzuziehen. Nur wenige Jahrzehnte später wurde die Münzstätte nach Fischau verlegt.
Im Laufe des 12. Jahrhunderts verlor das Kloster Vornbach vor allem durch Liegenschaftsvergaben zunehmend an Einfluss in Neunkirchen. Nachdem das Pittener Gebiet nach dem Tod Ekberts III. von Formbach 1158 zunächst an die steirischen Otakare und 1192 an die Babenberger gefallen war, tauschte das Kloster 1194 mit Herzog Leopold V. Neunkirchen gegen Herzogenburg. Gleichzeitig soll der Herzog das Marktrecht auf die neu gegründete (Wiener) Neustadt übertragen haben, doch dürfte diese Marktrechtsverlegung auf eine missverstandene Urkundeninterpretation des 13. Jahrhunderts zurückgehen. Neunkirchen blieb auch weiterhin als - nun landesfürstlicher - Markt nachweisbar, verlor aber seine wirtschaftliche Bedeutung zugunsten der aufstrebenden Neustadt. Eine wichtige Funktion hatte der Ort jedoch als Mittelpunkt eines großen kirchlichen Verwaltungsbezirks, 1220 war er Schauplatz einer Synode. Aus dem 13. Jahrhundert stammen auch die frühesten Hinweise auf ein Neunkirchner Landgericht, das innerhalb des Landgerichts-Sprengels von Wiener Neustadt lag und eingeschränkte Befugnisse besaß. So mussten Fälle, die mit dem Tod bestraft wurden, zur Aburteilung nach Wiener Neustadt ausgeliefert werden.
Bei der Länderteilung der Habsburger 1379 fiel Neunkirchen an die leopoldinische Linie und gehörte bis in das 15. Jahrhundert zum Herzogtum Steiermark. Im Spätmittelalter gewann der Ort durch Handelsprivilegien und Mautbefreiungen wieder an wirtschaftlicher Bedeutung und erhielt unter Kaiser Friedrich III. ein Wappen. Auch besaß Neunkirchen eine ansehnliche Judengemeinde, die 1496 aufgelöst wurde. Die Pfarrkirche wurde im 15. Jahrhundert im gotischen Stil umgebaut und im 16. und 17. Jahrhundert als Zufluchtsort für die Bevölkerung mit Mauer, Wassergraben und Zugbrücke befestigt.
Das im landesfürstlichen Besitz befindliche Neunkirchen war häufig verpfändet. Seit 1548 besaßen die Freiherren und späteren Grafen von Hoyos-Salamanca, Inhaber der Herrschaft Stixenstein, die Vogtei über die Pfarre Neunkirchen, 1585 wurden ihnen auch Markt und Herrschaft verpfändet. In der Pfarrkirche errichteten die Hoyos ihre Familiengrablege. 1630/1631 stiftete Hans Balthasar von Hoyos ein Minoritenkloster, dem die Pfarre inkorporiert wurde. Seit dieser Zeit ist die Pfarrkirche zugleich auch Klosterkirche, die im 18. Jahrhundert eine bemerkenswerte Rokoko-Einrichtung erhielt. 1747 verkaufte Maria Theresia den Markt an Graf Anton von Gaisruck, der sie 1756 an Graf Niclas Stella-Carraciolo veräußerte. Von 1763 bis 1848 waren Markt und Herrschaft im Besitz der Erzdiözese Wien.
Mehrmals wurde Neunkirchen in der Neuzeit von Katastrophen heimgesucht. In den Jahren 1529, 1532 und 1683 erlitt der Ort durch die Osmanen Brandschäden. An die Pest erinnert die 1725 geweihte Dreifaltigkeitssäule auf dem Hauptplatz, ein Werk der beiden Wiener Neustädter Künstler Michael Hackhofer und Andreas Schellauf. 1752 zerstörte ein Großbrand den ganzen Ort bis auf Kirche und Kloster. Im 19. Jahrhundert wütete mehrmals die Cholera (1836, 1849, 18455), 1907 brandte die Kirche ab, 1925 brach ein Typhusepidemie aus, 1945 brannte das Rathaus.
Der Grundstein für die Entwicklung Neunkirchens zur Industriestadt wurde Anfang des 19. Jahrhunderts gelegt. Mit einer Blaudruckfabrik 1802, gefolgt von einer Kattun- und Nadelfabrik, zwei Gespinstfabriken und der damals einzigen Holzschraubenfabrik in der Monarchie entwickelte sich der Markt zu einem bedeutenden Industrieort im südlichen Niederösterreich. Am 17. August 1920 erfolgte die Erhebung zur Stadt. Das alte Wappen wurde neu stilisiert und mit einer fünfzinnigen Mauerkrone versehen. Im Jahr 1994 feierte Neunkirchen das 900-jährige Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung.