Pöggstall


Gemeinde Pöggstall

Ortsgeschichte

Der Markt Pöggstall, wegen seines milden Klimas auch das „Meran des Waldviertels" genannt, ist das historische Zentrum des Ysper- und Weitentals. Die Burg Pöggstall war jahrhundertelang Mittelpunkt einer ausgedehnten Herrschaft sowie Sitz eines Landgerichts. 

Die erste Erwähnung des Ortes fällt in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts, als Gräfin Adelheid von Hohenburg-Wildberg dem Kloster Kremsmünster Waldbesitz an der Weiten und den Ort Pehstal zur Errichtung eines Klosters schenkt. Auf dem Gebiet errichtete das Stift Kremsmünster außer der Pfarrkirche St. Martin (Martinsberg) auch die Kirche St. Anna auf dem Feld, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur eigenen Pfarre erhoben wurde. Seit 1299 sind die Maissauer, im Spätmittelalter eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter Niederösterreichs, als landesfürstliche Lehensträger der Herrschaft Pöggstall nachweisbar. Ein früherer Besitz (ab 1265) wie auch die vermutete Zerstörung der Burg 1295 während des Adelsaufstands gegen Herzog Albrecht I. ist hingegen nicht belegbar.

Die Siedlung Pöggstall entwickelte sich zu einem erstmals 1407 genannten Markt, der 1451 das Recht erhielt, einen Jahrmarkt abzuhalten. Der letzte Maissauer Otto IV. verbrachte nach seinem Sturz wegen Landesverrats seinen Lebensabend auf Pöggstall. Nach seinem Tod 1440 folgten die Liechtensteiner und kurz danach die Wiener Patrizierfamilie Hölzler. Die Auseinandersetzungen des Wiener Bürgermeisters Konrad Hölzler mit König Ladislaus hatten auch die Belagerung des Schlosses Pöggstall 1457 durch landesfürstliche Truppen zur Folge. 1478 kaufte Kaspar von Roggendorf (auch Rogendorf) die Herrschaft, die bis 1601 in Besitz der Roggendorfer blieb. Ihnen verdankt das Schloss seinen Namen und seine heutige Gestalt. Kaspar von Roggendorf ließ um 1480 beim Schloss die Kirche St. Ägidius (St. Gilgen) als Schloss- und Begräbniskirche errichten und wertvoll ausstatten, die 1810 zur Pfarrkirche St. Anna (im Ort) erhoben wurde.

1521 befreite Kaiser Karl V. die Herrschaft Pöggstall von der Lehenschaft, erhob sie zur Reichsfreiherrschaft und verlieh ihr Hochgericht, Bergrecht und eine Münzstätte. Das Schloss erhielt den Namen „Roggendorf in Pöggstall". Unter Wilhelm von Roggendorf, der 1529 gemeinsam mit Graf Niklas von Salm Wien gegen die Osmanen verteidigte, entstand das um 1530 erbaute, so genannte „Rondell". Das mit Sgraffitoschmuck versehene Vorwerk mit 50 Meter Durchmesser ist den Architektur- und Befestigungstheorien Albrecht Dürers nachempfunden und galt als modernstes Befestigungselement der frühen Neuzeit. Unter den Söhnen Wilhelms, Hans Wilhelm und Georg Ehrenreich, wurde Pöggstall in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Zentrum der Reformation. Während des Bauernaufstands 1596/1597 wurde das Schloss erobert und die Rüstkammer geplündert. Unter den Herren von Sinzendorf, von 1610 bis 1747 im Besitz der Herrschaft, wurde Pöggstall rekatholisiert.

Der Markt und die seit dem 16. Jahrhundert bestehende Eisenverarbeitung wurde 1629 durch das Messerergericht - eine Neusiedlung von 50 Häusern, die bis 1855 eine eigene Gemeinde bildeten - bedeutend erweitert und gefördert. Im 18. Jahrhundert wurde Pöggstall zum Wallfahrtsort. Wallfahrtsziel war ein Gnadenbild der hl. Maria und der hl. Anna in St. Anna. 

Als Herrschaftsbesitzer folgten den Sinzendorfern die Herren von Seldern und ab 1772 der Frühindustrielle Josef Edler von Fürnberg, der durch seine Investitionen in Holzhandel und Glasfabrikation sowie durch Errichtung einer Postlinie wesentliche wirtschaftliche Impulse für die Gegend setzte. 1795 erwarben die Freiherren von Braun die Herrschaft und verkauften sie noch im selben Jahr an Kaiser Franz II./I. Er ließ die Schlosskirche zur Pfarrkirche erheben, während die alte Annenkirche im Feld aufgelassen, ausgeräumt und dem Verfall preisgegeben wurde. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte die alte Kirche wieder instand gesetzt werden. Im Zuge der Renovierung der Pfarrkirche (1955, 1964) wurden auch die Grabsteine der dort bestatteten Schlossbesitzer und Pfleger in die Kirche St. Anna im Feld transferiert. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Pöggstall eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde 1. Februar 1962 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Melk zugewiesen. 

Bis 1919 waren die Habsburger und danach die Republik Österreich Besitzer des Schlosses, seit 1989 ist die Marktgemeinde Pöggstall Eigentümerin. Seither gab es laufende Restaurierungsarbeiten sowie die Adaptierung des Schlosses als Museum. Als Außenstelle des Landesmuseums wurden das Museum für Rechtsgeschichte eingerichtet. 2017 war Schloss Pöggstall, das einer durchgreifenden Restaurierung unterzogen wurde, Standort der Niederösterreichischen Landesaustellung „Alles war Recht ist".