Purgstall


Gemeinde Purgstall an der Erlauf

Ortsgeschichte

Der Markt Purgstall an der Großen Erlauf - das „Tor zum Ötscherland" - hatte durch den Eisen- und Provianthandel mit dem Erzberg vom späten Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert große Bedeutung. Die Gegend war schon in der Römerzeit besiedelt (Hügelgräberfeld nördlich des Ortes). Im Mittelalter entstand der Ort aus ursprünglich zwei Siedlungen beidseitig der Erlauf, der westlichen Burgsiedlung (Innerer Markt) und der östlichen, zum Bistum Passau gehörenden Siedlung Wyden (Äußerer Markt).

Das mächtige Schloss geht auf eine Burg der Herren von Lengenbach zurück, die den Besitz vermutlich um 1100 von den Bischöfen von Regensburg erworben hatten und sich zwischen 1120 und 1141 als Herrschaftsinhaber nach Purchstal nennen. 1212 bezeugt Siegfried Eisenbeutel eine in der Burg ausgestellte Urkunde. Neben den Eisenbeutel besaßen auch die Häusler einen Anteil an der Burg, den sie 1375 an die Herren von Wallsee veräußerten. Ab dem späten 15. Jahrhundert waren die Auersperg über 350 Jahre lang Schlossherren von Purgstall (1492-1859).

Um 1360 erhielt Purgstall das Marktrecht und wurde in der Folgezeit mit Graben, Ringmauer und Wehrtürmen befestigt (Innerer Markt). Mit dem Privileg Kaiser Friedrichs III. von 1448 für den Eisen- und Provianthandel gehörte Purgstall zum so genannten „Dreimärktebezirk" (Scheibbs-Purgstall-Gresten), der den Erzberg mit „Proviant" versorgte und im Gegenzug das Roheisen für die weitere Verarbeitung bekam. Der Ausbau der Dreimärktestraße über den Grubberg bei Lunz Ende des 15. Jahrhunderts und durch die Mendling bei Göstling (1544-1561) machte die alten Saumpfade auch für Pferdewagen befahrbar und leitete die wirtschaftliche Blütezeit der Eisenwurzen ein. Vom frühneuzeitlichen Wohlstand zeugen zahlreiche Händler- und Handwerkerhäuser, darunter das um 1570 erbaute, mit Sgraffito- und Seccomalerei reich dekorierte Ledererhaus, in dem heute das Heimatmuseum mit den Schwerpunkten Gerberei, Lederherstellung, Ortsgeschichte und Bekleidung untergebracht ist. Die Aufhebung der Handelsprivilegien unter Kaiser Joseph II. im späten 18. Jahrhundert und die einsetzende Industrialisierung beendeten die Blütezeit des Eisenwurzen.

Die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (1418-1450) als spätgotische Hallenkirche errichtete Peterskirche in der Ortsmitte wird 1158 erstmals genannt und war zunächst Filialkirche, dann Vikariat von Petzenkirchen. Im 16. Jahrhundert stand sie unter dem Patronat der evangelischen Linie der Auersperg, wurde 1689 selbstständige Pfarre und im 18. Jahrhundert barockisiert. Zur Ausstattung gehört auch ein Hochaltar von Andreas Zach (1783), ein Altarbild des Kremser Schmidt (1763) sowie die bemerkenswerte Marmortumba des Volckhardt und der Elisabeth von Auersperg aus dem 16. Jahrhundert mit lebensgroßen Figuren der Verstorbenen (1588).

20 Jahre zuvor hatte die Reformation zu einer Herrschaftsteilung der Auersperg  geführt: in die katholische Linie Purgstall-Altschloss und in die evangelische Linie Purgstall-Neuschloss. Die Teilung bestand bis 1785 und wirkte sich auch auf den Ausbau des Schlosses - etwa mit zwei Tordurchfahrten - im 16. und 17. Jahrhundert aus. Die aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts stammende gotische Schlosskapelle war von 1592 bis 1627 eine evangelische Kirche. Nach den Auersperg war das Schloss im Besitz der Grafen Schaffgotsch (1859-1933) und ist heute Privatbesitz. Im Schlosspark bietet die „Welt der Sinne" die Möglichkeit, alle Sinne auf neue Weise zu begreifen und zu entfalten.

In Jüngster Zeit wurde Purgstall im Rahmen der Dorferneuerung zum Künstlerdorf sowie zum 1. Bücherdorf Österreichs. Nach dem Vorbild des englischen Ortes Hay-on-Wye sollen zur Belebung des Ortskerns Bücher aller Art gesammelt und in den kleinen Geschäften verkauft werden.