Ortsgeschichte
Pyhra liegt südöstlich von St. Pölten im niederösterreichischen Alpenvorland und wird von der Perschling durchflossen. Der Ortsname geht auf das mittelhochdeutsche Wort pirche für „Birken“ zurück und ist urkundlich erstmals für das Jahr 1058 belegt, als Heinrich IV. an die Witwe des Markgrafen Adalbert, Frowila, zwanzig königliche Huben zu Pirchehe übergab (AT-OeStA/HHStA UR AUR 97). Bischof Altmann von Passau, der Gründer des Klosters Göttweig, geht um 1077 auch als Begründer der Pfarre in die Geschichte Pyhras ein.
Die Kirche St. Margaretha ist eine der wichtigsten frühgotischen Kirchen des Landes. Um 1180 bezeugte Fridericus de Pircha eine Weingartenschenkung Rudberts von Fohrafeld an das Stift Göttweig. Etwa 10 Jahre später taucht ein Engelschalf von Pircha als Zeuge auf einer Urkunde auf. Für das 14. Jahrhundert ist ein Hans der Rieder von Pierichech bezeugt, für das 15. Jahrhundert Jörg Steger zu Pirach. In Pyhra treten neben dem Stift Göttweig verschiedene Herrschaften als Grundbesitzer auf: die von Kreisbach, Ochsenburg, Kerschenbach, Albrechtsberg sowie die Stifte Lilienfeld und Herzogenburg. Vermutlich war auch bereits vor 1530 die Herrschaft Wald Grundherr in Pyhra. Göttweig hatte auch die Grundherrschaft über die Pfarre (die damals bis an die steirische Landesgrenze reichte) und den Ort inne. Das Landgericht im Bezirk St. Pölten übte dagegen Markersdorf aus. Der Pranger (um 1400 ursprünglich wohl aus Holz, dann mit Stein ersetzt) mit Halseisen und Schandkugel, befindet sich noch unterhalb des Kirchenplatzes. Erst im 16. Jahrhundert kam es zu Teilungen des Gerichtsbezirkes; bis 1848 scheint die Grundherrschaft Wald als Sitz der niederen Gerichtsbarkeit auf.
Der Türkeneinfall von 1529 zog den Ort stark in Mitleidenschaft; er wurde mitsamt der Kirche und dem Pfarrhof zerstört. Jahre der Not, der Armut und des Elends folgten. Um 1530 musste das durch Kriegskontributionen verschuldete Kloster Göttweig die Besitzungen in Pyhra an Ritter Wilhelm von Greiß zu Wald verkaufen, der nun auch das Patronat über die Pfarre erhielt und später lutherische Prädikanten förderte. Die Familiengrabsteine in der Kirche zählen zu den hervorragendsten Renaissance-Denkmälern des Donauraumes. Am 14. August 1625 „übergaben“ die kaiserlichen Beauftragten die Pfarre Pyhra wieder dem Stift bzw. dem Abt von Göttweig.
Die festen Mauern der Kirche schützten zunächst die Bevölkerung vor den sich zwischen St. Pölten und Wilhelmsburg lagernden Osmanen (1683). Bei ihrem zweiten Ansturm setzten sie die Wehrkirche allerdings in Brand. Den Schutzsuchenden gelang die Flucht in den Binderhof (Binderholz), wo sie Tage später aber entdeckt und massakriert wurden. Die Bilanz war verheerend: Angeblich wurden 130 Häuser niedergebrannt, 34 Hausleute hingemetzelt, 100 Hausleute, 245 Kinder und 109 Dienstleute verschleppt. Ein in Pyhra „vergessenes Türken“mädchen wurde 1683 getauft und ehelichte 1701 einen Bauern in der Perschenegg.
Für das Jahr 1684 ist das Marktrecht für Pyhra urkundlich belegt. Die Markterhebung dürfte allerdings bereits zwischen 1591 und 1632 erfolgt sein. Während des Österreichischen Erbfolgekrieges wurde der Markt von bayrisch-französischen Truppen geplündert. Die Chronik des St. Pöltner Karmeliterinnenkloster berichtet darüber: Dann unserer Schwester Barbara leibliche Schwester, die zu Pyhra, in einem Dorf, 3 oder 4 Stund von hier, wohnhaft war, uns bekannt und gesagt, als der Feind aus dieses Dorf zu nächtlicher Zeit nach seiner Gewohnheit geplündert und weder Kirchen noch Pfarrhof verschonet, und ihr eigenes Haus nahend an den Pfarrhof angestoßen, haben sie sich in dieser so großen Not und Angst knieender bei einem brennenden Licht und eröffneter Haustür ihrem göttlichen Kindl stets betend anbefohlen. Um mit Verwunderung aller übrigen Inwohner des selben Dorfes ist ihr Haus und der nächsten Nachbarin ihres allein von diesem Übel der Plünderung befreit verblieben. Während der Regentschaft Maria Theresias wurde in Pyhra eine sog. Musterschule errichtet; heute befindet sich in ihr das Gemeindeamt.
Die nächste Bekanntschaft mit französischen Truppen machte der Ort 1805. Die Bewohner hatten schwer unter Einquartierungen und Requirierungen zu leiden. Um 1913 stiftete Dr. Carl Kupelwieser, der Sohn des Malers Leopold Kupelwieser, die spätere landwirtschaftliche Fachschule. Seine Frau Bertha (geb. Wittgenstein) hatte von ihrem mütterlichen Erbe 1889 das Gut Kyrnberg bei Pyhra erworben. Das Gut produzierte den landesweit bekannten und mehrfach ausgezeichneten Kyrnberger Gervais-Käse. Noch heute produziert die Landwirtschaftliche Fachschule in Pyhra den Kynrberger Frischkäse. In den Endkämpfen des Zweiten Weltkrieges besetzen Truppenteile der Roten Armee am 14. April 1945 den Markt. Plünderungen waren an der Tagesordnung. Ein schweres Unglück ereignete sich im nahegelegenen Probstwald, wo sich noch ein großes Munitionslager der deutschen Wehrmacht befand. 18 junge Menschen starben dort beim Metallsammeln.
Im September 1964 erhielt der Markt von der Niederösterreichischen Landesregierung ein Marktwappen verliehen. Es zeigt in der oberen Schildhälfte das Familienwappen der Herren von Wald, die als passauische Untertanen einen roten Wolf im silbernen Felde führten. Die untere Schildhälfte zeigt drei goldene, nach links geneigte Ähren im blauen Felde, Symbol für die landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit der Bevölkerung.