Ravelsbach


Gemeinde Ravelsbach

Ortsgeschichte

Im westlichen Weinviertel am Fuße des Manhartsberges liegt die Marktgemeinde Ravelsbach. Das Gemeindegebiet umfasst heute die Katastralgemeinden Baierdorf, Gaindorf, Minichhofen, Oberravelsbach, Parisdorf, Pfaffstetten und Ravelsbach, das bis 1908 den Ortsnamen Unterravelsbach trug.

Das Umland von Ravelsbach ist reich an prähistorischen Funden: altsteinzeitliche Feuerstellen, Werkzeuge und sog. Vornotenkeramik (Linearbandkeramik) aus der ältere Phase der Jungsteinzeit, die in Niederösterreich selten aufgefunden wurde. Ferner entdeckte man in Baierdorf ein ca. 1200 v. Chr. angelegtes frühurnenfelderzeitliches Brandgräberfeld, das namengebend für die Baierdorf-Velatitz-Stufe wurde. In Oberravelsbach stieß man bei Grabungsarbeiten auf ein um 1000 v. Chr. anzusetzendes Gefäßdepot, eine „Musterkollektion eines Töpfers“. Es belegt die weitreichenden Kultur- und Handelsbeziehungen dieser Region.

Den Ortsnamen prägte der die Siedlung durchfließende „Ravelsbach“. Dieser ist nach einem Raffolt, Romuald, Ramoult oder Ramult benannt. Die älteste urkundliche Nennung als Ramuoldespach findet sich in der Stiftungsurkunde des Klosters Göttweig von 1083. Im beginnenden 12. Jahrhundert wurde das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg von Markgraf Leopold III. mit drei Gütern in Ravelsbach beschenkt. Dem Stift Melk schenkte er 1113 die Pfarrkirche, die zur Mutterpfarre des westlichen Weinviertels wurde. 1228 gestattete Papst Gregor IX. dem Abt des Stiftes Melk die Einkünfte der Kirche Ravelsbach für fünf Jahre zur Sanierung des baufälligen Klosters zu verwenden. Das Stift konnte seine Besitztümer stetig ausbauen. Zur Stiftsherrschaft Ravelsbach gehörten die Dörfer Pfaffstetten, Gauderndorf, Olbersdorf und Unterplank sowie Besitzungen mit Untertanen hier in Ravelsbach, in Grübern Ebersbrunn, Hohenwart, Ziersdorf, Groß-Meiseldorf, Straning und Unter-Dürnbach sowie der Radelbrunner Hof. In Ravelsbach kam zu Machtstreitigkeiten mit dem Stift Göttweig, das ja auch von Anfang an in Ravelsbach begütert war. Diese Auseinandersetzung wurde erst 1704 beigelegt; das Stift Melk konnte seine Zehentrechte behaupten. Zweitgrößter Grundherr in Ravelsbach war die Herrschaft Maissau.

Ravelsbach wird schon 1314 im Urbar des Stiftes Melk als Markt genannt und hatte rasch eine bedeutende Position erlangt, was sicherlich auch an seiner guten Lage an einer uralten Fernstraße, dem Rittsteig, lag, der die kürzeste Verbindung vom Unteren Kamptal nach Znaim darstellte. Im selben Urbar wird bereits eine Badstube erwähnt. Für 1339 ist ein Schulmeister notiert, für 1377 eine Armenstiftung. Unter den Kriegswirren des 15. Jahrhunderts hatte die Bevölkerung wiederholt zu leiden: zwischen 1425 und 1430 durch die Hussiten und 1481 durch die Truppen Matthias Corvinus‘, die den Ort besetzten. 1420 kam es zur Ausweisung der Juden; 1544 folgte eine weitere Vertreibung.

1493 verlieh König Maximilian Ravelsbach das Recht zweier Jahrmärkte am 24. Juni (St. Johannes) und am 14. September (Kreuzauffindung). 1699 kam ein dritter hinzu, der am ersten Fastensonntag stattfand. Alle waren bis Ende des 18. Jahrhunderts sehr gut besucht. Heute gibt es noch zwei Märkte. Handwerk und Gewerbe entwickelten sich gut, Mitte des 16. Jahrhunderts beispielsweise hatten die Fleischhauer nahezu eine Vormachtstellung im Ort inne, ähnlich Lederer und Schuster. Für die Region ist seit 1529 der Safrananbau belegt. Die Produkte wurden am Simonimarkt (28. Oktober) in Krems feilgeboten. Nach einer Spitze um 1800 ging der Anbau bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts stetig zurück, da Konkurrenz aus Frankreich und Spanien übermächtig wurde.

Während der Reformationszeit waren in Maissau, Eckendorf und Rohrbach Prädikanten tätig, die sich auch aus Ravelsbach regen Zuspruchs erfreuten. 1619 wurde Ravelsbach geplündert und niedergebrannt. Ab 1721 wurde an der Südseite des Hauptplatzes eine neue Kirche errichtet. Ihr Architekt war Jakob Prandtauer, der ausführende Maurermeister Leopold Stiebock. 1726 war der Bau fertiggestellt. Der Hochaltar entstand 1756. Die Altarblätter schufen Matthias Mölk und der Troger-Schüler Josef Grebmer. Durch den Bau der „Kaiserstraße“ (Reichsstraße) 1770 wurde der Ort verkehrstechnisch erschlossen.

In Gaindorf bestand ein bedeutendes Hammerwerk, belegt durch den Kaufvertrag von 1695.  Der letzte Besitzer (Antonius Nödl) betrieb auch eine Perlmutterdreherei. Nach dem Verkauf 1916 wurde die Fabrik als Perlmutterkopferzeugung, Mühle, Wagnerei, Tischlerei und Weberei genutzt. Seit 1982 wird in dem Gebäude der Weinviertler Kultursommer veranstaltet.

Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Ravelsbach eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde am 1. Jänner 1992 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Hollabrunn zugewiesen. 1896 erhielt Ravelsbach eine Personenhaltestelle an der Franz-Josefs-Bahn zwischen Gaindorf und Minichhofen, 1902 folgte eine Frachtenladestelle. 1923 wurde die seit 1872 bestehende Petroleum-Straßenbeleuchtung durch Elektrifizierung modernisiert. 1955-1957 wurde die Ortswasserleitung gebaut. 1967 entstand die Großgemeinde Ravelsbach durch Zusammenschluss der Orte Baierdorf, Parisdorf, Ober-Ravelsbach und Ravelsbach. 1971 schlossen sich die Orte Gaindorf, Pfaffstetten und Minichhofen der Großgemeinde an.