Retz


Gemeinde Retz

Weinkeller von Retz

Das Retzer Kellerlabyrinth wurde seit dem Mittelalter sukzessive in den tertiären Schwemmsand gegraben und bedeckt allein im Bereich der Innenstadt doppelt so viel Fläche wie Straßen und Plätze. Die Kelleranlage ist über 20 Kilometer lang und bis zu vier Geschoße tief. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden etliche Keller aus Repräsentationsgründen mit Ziegeln ausgekleidet, viele Keller sind aber im Originalzustand erhalten.
Da lange Zeit die Methode, Weinsäure mit Kalk abzubauen, unbekannt war, musste der Wein wesentlich länger als heute gelagert werden, um ihn trinken zu können. Dies erforderte große Speicherkapazitäten, aber auch ideale Temperaturen, die mit 87 Prozent Luftfeuchtigkeit und 8 Grad Celsius in den Retzer Kellern gegeben waren. Zu Spitzenzeiten, etwa um 1790, lagerten hier bis zu 5,5 Millionen Liter Wein.
Die für den Feuchtigkeitsgehalt der Kellerluft äußerst wichtige Belüftung erfolgte über Dampflöcher, die vom höchsten Punkt der Kellerröhre zur Oberfläche gebohrt wurden. Diese Belüftungsschächte zu den Straßen, Gassen, Höfen und Gärten waren die einzige Orientierungshilfe für den Kellerbau. Seicht liegende Keller, deren Basis nur wenige Meter unter der Straße liegen, wurden in der im Mittelalter entwickelten Gussbauweise gemauert, die auch beim Bau einer Krypta (Unterkirche) verwendet wurde.
Im Zweiten Weltkrieg sollte in den Kelleranlagen die Flugzeugproduktion untergebracht werden, doch wurde das Projekt wegen der notwendigen Beheizbarkeit fallen gelassen. Die erhaltenen Pläne geben wesentlichen Einblick in Anlage und Technik. Die Keller waren untereinander verbunden oder führten sehr knapp an den Nachbarkeller heran, um im Falle eines Einsturzes einen Ausgang zu finden. Trotz des Kellerverbundes hatte aber jedes Haus einen eigenen Abgang. Die Kellerausdehnungen stimmen allerdings mit den oberirdischen Parzellengrenzen nicht überein, da bei Bedarf die Keller durch Verlängerung oder in die Tiefe vergrößert wurden und mehrere Geschoße entstanden. Da die Keller nicht im Grundbuch erfasst sind, sind Eigentumsverhältnisse äußerst schwierig zu klären. Die Gesamtfläche der Kelleranlage ist nicht bekannt, da 1943/1944 nur ein Teil vermessen wurde.  Die Länge wird auf 16 bis 25 Kilometer geschätzt, einschließlich der Keller der ehemaligen Gemeinden Altstadt Retz, Ober- und Unternalb. Heute sind nur noch die Keller der Weinbauern in Betrieb.